Truppen für den Frieden

An der israelisch-libanesischen Grenze sollen künftig 8.000 UNO-Soldaten den Frieden wiederherstellen. Bisher sind es 2.000

Israel lehnt eine Stationierung von Truppen mit Ausnahme der libanesischen Armee ab

VON BEATE SEEL

Sechs Tage nach Beginn der Krise im Nahen Osten haben die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates Beratungen über Möglichkeiten zur Deeskalation des Konflikts aufgenommen. Im Gespräch ist die Entsendung einer zusätzlichen multinationalen Truppe in den Libanon. Italiens Ministerpräsident Romano Prodi kündigte an, die künftige Friedenstruppe solle 8.000 Mann umfassen. Derzeit gibt es nur eine 2.000-köpfige Beobachtertruppe der UNO im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon. UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte gestern, das Thema sei dringlich. In St. Petersburg sind derzeit die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates – USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China – auf dem G-8-Treffen der führenden Industriestaaten versammelt. Sobald der Rat der Truppe zugestimmt habe, müsste sie schnell in de Region entsandt werden, sagte Annan.

Die Staats- und Regierungschefs der G-8-Staaten hatten am Wochenende bereits die Möglichkeit einer internationalen Truppe für den Libanon erörtert. Nach einem Gespräch mit dem britischen Premierminister Tony Blair sagte Annan, er werde diesen Plan mit Dringlichkeit vorantreiben. Zunächst war noch unklar, welche Länder sich an einer neuen Mission beteiligen würden und mit welchem Mandat die Truppe ausgestattet sein wird.

Der Unterstaatssekretär im US-Außenministerium, Nicholas Burns, sagte nun, eine gestärkte multilaterale Truppe könne helfen, Israel davon zu überzeugen, seine Offensive im Libanon einzustellen. „Israel wird kein Vertrauen haben, dass die Hisbollah in Zukunft aufhört, das zu tun, was sie in den vergangenen Wochen getan hat, solange Israel nicht weiß, dass die Hisbollah zurückgedrängt worden ist“, sagte Burns.

Von der libanesischen Regierung lag zunächst keine Stellungnahme zum Vorschlag einer multilateralen Truppenentsendung vor. Aus Israel kamen zunächst widersprüchliche Reaktionen. Regierungssprecherin Miri Eisin sagte, es sei noch zu früh, um die Entsendung einer neuen Truppe in Erwägung zu ziehen. Israel werde jedoch internationale Bemühungen begrüßen, die darauf abzielten, UN-Resolutionen umzusetzen, die die Entwaffnung der Schiitenorganisation Hisbollah forderten.

In einer Erklärung des Büros von Regierungschef Ehud Olmert von Sonntagnacht hieß es demgegenüber, Israel lehne eine Stationierung von Truppen im Südlibanon mit Ausnahme der libanesischen Armee ab. Die israelische Regierung befürchtet laut der Tageszeitung Ha’aretz, eine internationale Truppe werde im Falle weiterer Angriffe von libanesischem Gebiet aus Reaktionen der eigenen Armee erschweren. Der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Mark Regew, erklärte jedoch, dass der Konflikt mit dem Libanon diplomatisch gelöst werden müsse. Die Interessen Israels unterschieden sich nicht von denen der internationalen Gemeinschaft. Einziges Ziel der israelischen Angriffe auf den Libanon sei es, die Hisbollah zu „neutralisieren“.

In Brüssel sprach sich unterdessen auch die EU-Ratspräsidentschaft für eine diplomatische Lösung des Konflikts unter der Führung der UNO aus. Annan wurde gestern in der belgischen Hauptstadt erwartet. Die EU-Außenminister berieten über Entwürfe für eine gemeinsame Erklärung, in denen alle Seiten kritisiert und zur Zurückhaltung aufgefordert wurden. Laut Diplomaten verhinderten Deutschland, Großbritannien und Tschechien, dass vor allem Israel kritisiert wurde. Ein sofortiger Waffenstillstand wurde in den Entwürfen nicht verlangt.