Polizisten sollen herumsitzen

WACHEN Wegen Personalmangels wird das Polizeirevier Leherheide nachts nicht mehr besetzt. CDU und FDP protestieren. Es geht um drei Besuche pro Monat

„Von entscheidendem Gewicht war die Erkenntnis, dass die Öffnungszeiten insbesondere abends und an Samstagen von den Bürgerinnen und Bürgern kaum genutzt werden.“ Mit dieser Begründung hat der Bremer Innensenator der FDP auf Anfrage 2009 die Reduzierung der Öffnungszeiten vieler Wachen auf 9 bis 17 Uhr erklärt.

■ Aus einer minutiös geführten Statistik geht hervor, dass tagsüber rund zehn Personen eine Wache aufsuchen. Ob die Anliegen nicht auch per Post oder Telefon hätten erledigt werden können, geht aus der Statistik nicht hervor.

„Nicht akzeptabel“, sagt die FDP. „Nicht zu tolerieren“, sagt die CDU. Objekt der Aufregung ist die Anweisung des Bremerhavener Revierleiters Albert Marken, die Polizeiwache in Leherheide unter der Woche nachts nicht mehr zu besetzten. „Personalmangel“ ist der Grund. Mark Ella (FDP) sieht in der nächtlichen Revierschließung eine „erneute Bestätigung für die prekäre Sicherheitslage“ in Bremerhaven, die aktuelle Schließung sei „der falsche Schritt“. Thorsten Rasche, CDU-Sprecher im Ausschuss für öffentliche Sicherheit, forderte gestern von Polizeidirektor Harry Götze, die Maßnahme „umgehend aufzuheben“.

Polizeidirektor Harry Götze wird die Entscheidung seines Revierleiters nicht aufheben. Während CDU und FDP in ihren Pressemitteilungen vom „Sicherheitsgefühl“ reden, sagt Götze: „Uns geht es um die objektive Sicherheit.“ Die Debatte um die Wachen tobt seit Jahren, die Polizeireformer haben Fakten gesammelt: Im Jahre 2009 hat es im Durchschnitt im Monat in den Nachtschichten drei Besuche von Bürgern in der Wache Leherheide gegeben. „Und das waren alles Dinge, die auch bis zum nächsten Vormittag Zeit gehabt hätten“, sagt der Polizeidirektor. Die Politiker von CDU und FDP müssten das wissen – das Problem der Wachen ist im Ausschuss für öffentliche Sicherheit mehrfach diskutiert worden. Sie sind schlicht technisch überholt.

Rein theoretisch müsste die Bremerhavener Polizei zwei Personen acht Stunden als Nachtschicht in die Wache setzen, die dort nichts Wesentliches zu tun hätten. Denn wenn es aus dem Stadtteil einen Notruf gibt, dann geht der in der Notrufzentrale – die hat einen Überblick, welche Streifenwagen wo zur Verfügung stehen. „Uns ist ein rufbereiter Funkstreifenwagen im Stadtteil wichtiger als zwei Leute auf der Wache“, sagt Götze.

Und da er keine Polizeibeamte übrig hat, die aufgrund der politischen Beschlusslage für das „Sicherheitsgefühl“ der Politiker in die Wache herumsitzen würden, sind de facto die beiden Beamten, die in der Wache Wache schieben, oftmals fünf der acht Nachtstunden mit dem Streifenwagen unterwegs. Offiziell ist die Wache dann besetzt, de facto ist sie abgeschlossen – per Video-Überwachung wirft die Wache im Nachbarstadtteil Lehe dann einen Blick darauf, ob da zufällig jemand vorbeikommt, der unbedingt nachts etwas will.

Die überraschend angeordnete vorübergehende Schließung soll offenbar auch die Diskussion provozieren – für den Oktober steht eine grundsätzliche Entscheidung an. kawe