Einsam im Schnee

FILM Von heute an zeigt das 3001-Kino den argentinischen Spielfilm „Liverpool“

Gern wird auf Festivals vom „neuen argentinischen Kino“ gesprochen, wenn ein Film von Lisandro Alonso läuft. Und vom magischen Realismus, von dem sich der 35-jährige Regisseur mit seiner beinahe dokumentarisch wirkenden, ruhigen Bildersprache und den wortkargen LaiendarstellerInnen abhebt.

Auch seinen vierten Spielfilm „Liverpool“ hat Alonso mit kleinem Team, geringem Budget und ohne technische Spezialeffekte gedreht. Die Geschichten sind minimalistisch, fragmentarisch, auf angenehme Weise unaufgeregt. Umso genauer sind die Beobachtungen. Dazu gehört, dass nach dem Vorspann keine Musik mehr zu hören ist, stattdessen: wie Originaltöne wirkende Geräusche. Alltägliches ist zu sehen, einfache Handgriffe, routinierte Bewegungen.

„Liverpool“ erzählt die Geschichte von Farrel, Maschinist auf einem Containerschiff. Im ölverschmierten Overall geht er seiner Arbeit nach, geredet wird, was nötig ist. Schnell wird deutlich, wie stark der Alltag zwischen Schiffsbrücke, Kabine und Containern vom Maschinellen und Industriellen geprägt ist.

Als das Schiff Ushuaia im äußersten Süden von Argentinien, in Feuerland, einläuft, bittet Farrel den Kapitän unvermittelt um Landurlaub. Gezeigt wird aber nicht das pittoreske Ushuaia, wie es touristisch vermarktet wird, sondern der Hafen aus der Sicht derjenigen, die dort arbeiten – alles etwas heruntergekommen, vernutzt von der Arbeit.

Bei eisigen Temperaturen macht sich Farrel auf in sein abgelegenes Heimatdorf, um nach langer Abwesenheit seine Mutter zu sehen. Die Natur wird immer wilder, überall Schnee. Ein Holzlaster des örtlichen Sägewerks nimmt ihn mit. Zwischen Farrel und der Mutter gibt es schließlich nur ein paar Gesten, kurze Wortwechsel – irgendetwas ist zwischen beiden früher geschehen. Aufgelöst wird es nicht, warum Mutter und Sohn keinen Kontakt hatten.

Beeindruckend ist an „Liverpool“, wie Juan Fernandez den einsamen Farrel spielt. Kennengelernt hat Alonso ihn in den Straßen Ushuaias – bei seiner Arbeit als Schneetraktorfahrer. Stets dreht der Argentinier mit LaiendarstellerInnen, gibt nur wenige Regieanweisungen. Vor der Kamera verhalten sie sich, wie sie es gewohnt sind. Und erlauben einen faszinierenden Blick auf das harte Leben im subpolaren Feuerland. GASTON KIRSCHE

■ Do, 29. 7. bis Mi, 4. 8., je 19 Uhr, 3001, Schanzenstraße 75 (im Hof)