Fete ohne Knete

UMSONST-FESTIVAL Seit sieben Jahren veranstaltet eine kleine Gruppe an der Freilichtbühne im Harburger Stadtpark das „Umsonst und draußen“-Festival „Keine Knete, trotzdem Fete“

Kultur für alle, ein Stück gelebte Utopie „halt auch für solche ohne Knete“

VON ROBERT MATTHIES

Viel verändert hat sich hier in den letzten 80 Jahren nicht. Einst saß man rund um die idyllische Freilichtbühne im Harburger Stadtpark am Außenmühlenteich auf Holzbänken und sah Theater, heute gibt es nur noch eine Wiese mit ansteigenden Ebenen, von den Sitzreihen sind nur die Steinsockel geblieben. Aber davor, hinter einer kleinen Hecke, steht immer noch die Bühne, im Schatten der ringsum stehenden meterhohen Bäume.

Auch kulturell fristet die verwunschene Lichtung heute ein Schattendasein. Ab und an treffen sich hier Techno-Fans zur Open-Air-Party oder Theaterfreunde zur Probe unter freiem Himmel, einmal im Jahr startet von hier aus die Fronleichnamsprozession der hiesigen katholischen Kirche. Den Großteil des Kulturprogramms bestreiten weiterhin die Singvögel.

Seit sieben Jahren aber stehen für zwei Tage im Jahr wieder Menschen auf der fast vergessenen Bühne. Eine kleine politische Gruppe hat sich vorgenommen, alljährlich ein sommerliches Musik-Festival auf die Beine zu stellen. Klar war dabei von Beginn an nur, dass das Ganze unkommerziell sein muss: Kultur für alle, ein Stück gelebte Utopie „halt auch für solche ohne Knete“.

Von denen wusste 2004 allerdings noch kaum jemand vom „Keine Knete, trotzdem Fete“-Festival. Gekommen sind nur wenige, zufrieden war man trotzdem. Vor allem, dass alles geklappt hat: Auch ein Festival ohne Eintritt braucht Logistik, Technik, Instrumente, Zelte und Klos. Irgendjemand muss an all das denken und bezahlt werden muss das meiste auch.

Dass das nicht immer gelingt, haben die VeranstalterInnen gleich im nächsten Jahr gelernt: zu wenig MitstreiterInnen fanden sich, die bereit waren, ein explizit antikapitalistisches Festival in ihrer Freizeit zu unterstützen. Aufgegeben haben sie nicht. Und die Geduld hat sich gelohnt: seit 2006 wird ohne Unterbrechung alljährlich an der Freilichtbühne gefeiert.

Auch in diesem Jahr ist alles gutgegangen. Zwei Tage Programm haben die OrganisatorInnen wieder auf die Beine gestellt, um „ins unpopuläre Harburg mal ein bisschen Leben zu bringen“: Konzerte von lokalen und überregional bekannten Bands von Ska über Hip-Hop bis zum „Piratenjazz“ von „Kosmo Koslowski“, ein Puppentheater, ein Kinderfest, Kleinkunst, eine Open-Air-Ausgabe vom Harburger Poetry-Slam „Heimfeld ist Reimfeld“, eine Kunstausstellung und jede Menge Info- und Umsonst-Stände.

Eintritt muss dafür auch in diesem Jahr niemand zahlen, eine Einschränkung gibt es aber: Nicht alles kann man mit dem Idealismus und Spaß der OrganisatorInnen, HelferInnen und UnterstützerInnen bezahlen. Und so kommt das nötige Geld ausschließlich aus dem Verkauf ausdrücklich günstiger Getränke, selbst Mitgebrachtes wird da nicht gern gesehen. Das Argument dafür ist schnell verstanden: es geht schließlich um „gelebte Solidarität“.

■ Fr, 30. 7., 16.45 Uhr und Sa, 31. 7., 14 Uhr, Freilichtbühne im Stadtpark Harburg, Marmstorfer Weg