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: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Fluch der Karibik“ und „Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik II“ 26. 7. Alhambra, Cineplex Spandau, Thalia, Titania Palast

Den Auftrag erhielt Sergej Eisenstein vermutlich von Stalin persönlich: Er sollte einen Film über die russische Dorfgemeinschaft drehen und ihre Entwicklung vom rückständigen Kleinbauerntum zur modernen und produktiven Agrargenossenschaft feiern. „Die Generallinie“ erzählt deshalb von einer mutigen Bäuerin, die sich aus bitterster Armut zur glücklichen Sowjet-Traktoristin emporarbeitet, dabei alle Vorurteile der älteren Generation widerlegt und sämtliche Sabotageakte der fiesen Kulaken fast unbeschadet übersteht. Während die Technik- und Fortschrittsgläubigkeit des Films heute zu Scherzen Anlass gibt, beeindruckt „Die Generallinie“ auf formaler Ebene noch immer: Eisenstein und sein Kameramann Eduard Tisse drehten einen avantgardistischen Propagandafilm von fantastischer fotografischer Qualität mit irren Rinderzucht-Montagesequenzen und geradezu orgiastischen Szenen über Butterzentrifugen.

„Madita“ 23. 7. im Nickelodeon

An Astrid Lindgrens Welt wird sich nie etwas ändern: Da gibt es kleine Mädchen, die „das Leben in sich spüren“, wenn der Frühling naht, und Eltern, die über die harmlosen Abenteuer und den Ungehorsam ihrer Kinder gern verständnisvoll hinwegsehen. Und immer wird es dünkelhafte Honoratioren geben, die den Kindern den Spaß vermiesen. Und immer geht es auch um die Toleranz: In „Madita“ freundet sich die in einer schwedischen Kleinstadt der 20er-Jahre lebende Titelheldin, die Tochter eines liberalen Zeitungsredakteurs, sogar mit der furchtbar armen, verlausten und frechen Mia an – und die Eltern nehmen allen gesellschaftlichen Vorurteilen zum Trotz das Dienstmädchen mit zum Wohltätigkeitsball und düpieren damit die bornierte Bürgermeisterin. Stimmungsvoll fotografiert und vom Theaterregisseur Göran Graffman kindgerecht inszeniert, reiht sich die 1979 entstandene Produktion in die lange Reihe skandinavischer Kinderfilmklassiker ein.

Anlässlich des Kinostarts von Johnny Depps neuem Piratenabenteuer „Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik II“ geben gleich mehrere Kinos dem Zuschauer in einer Doppelvorstellung die Möglichkeit, sich zu erinnern, warum der Originalfilm eigentlich so amüsant war. Nachdem das Genre über Jahrzehnte hinweg für Parodien aller Art herhalten musste, hatte „Fluch der Karibik“ (Gore Verbinski) die unabdingbaren Ingredienzien des Piratenfilms nämlich einfach wieder ernst genommen: Seeschlachten und Enterszenen, schöne Gouverneurstöchter und langweilige Seeoffiziere, geblähte Segel und einsame Inseln. Die Schlachten sind so einfallsreich, witzig und technisch kompetent gefilmt, dass Captain Sparrow (Johnny Depp) zwischenzeitlich sogar jammert: „Hört endlich auf, Löcher in mein Schiff zu schießen!“ Im Mittelpunkt des Films steht jedoch das klassische Motiv des Piratenkapitäns, dem das Schiff und damit auch seine Unabhängigkeit abhanden kommen: „Was die ‚Black Pearl‘ wirklich bedeutet, ist Freiheit“, weiß Sparrow und setzt deshalb alles daran, seinen Segler vom bösen Gegenspieler, dem Geister-Kapitän Barbossa, zurückzuerlangen. Lars Penning

„Die Generallinie“ (OmÜb) 20. 7. im Arsenal 1