Sichtkontrolle statt Untersuchung

FLEISCHBESCHAU Niedersachsens Agrarminister kämpft gegen Lockerung der Schweinfleisch-Kontrollen

„Wenn das kommt, dann werde ich zum Vegetarier“

RONALD SCHMINKE (SPD)

Nur gucken, nicht anfassen, heißt zukünftig die Devise. Nur noch bei konkreten Verdachtsfällen, so beschloss das EU-Parlament im vergangenen Oktober, sollen die Veterinäre geschlachtete Schweine gründlicher auf Krankheiten untersuchen. Das generelle Anschneiden und Abtasten jedes geschlachteten Schweins – eine 50-Sekunden-Prozedur – soll danach ab kommenden Juni überall in der EU durch Sichtkontrollen ersetzt werden.

Überall in Europa? Nicht in Niedersachsen, zumindest wenn es nach dem dortigen Agrarminister Christian Meyer (Grüne) geht. Bereits in der vergangenen Woche erklärte der Minister, er lehne die laxen Kontrollen ab und werde dagegen im Bundesrat vorgehen. Auch stört es den Minister, dass vergleichbare Regelungen auch für Rinder und Geflügel geplant, wenn auch noch nicht beschlossen sind, und die Schlachthöfe die aufgeweichten Kontrollen auch noch durch eigenes Personal vornehmen sollen. Das gefährde nicht nur die Jobs von 600 Fleischbeschauern, sondern sei, als ob ein Fahrzeughalter seinem Auto selbst die TÜV-Plakette erteile, lautet die Kritik aus dem Ministerium.

Die Ankündigung von Meyer erntete Applaus bei Sozialdemokraten und Grünen, die eine Kontrollentschärfung aus Verbrauchersicht ablehnen. „Wenn das kommt, werde ich zum Vegetarier“, übt sich der eingefleischte Wurstliebhaber Ronald Schminke (SPD) in Selbstkasteiung. Auch CDU und FDP schlossen sich den Bedenken Meyers grundsätzlich an, forderten den Minister aber zu „Mäßigung“ statt „blindem Aktionismus“ auf, da die EU-Pläne striktere Kontrollen ja nicht generell untersagen würden.

Meyer will nun, wie er der taz verriet, die niedersächsischen „Umsetzungsleitlinien“ für die EU-Verordnung so gestalten, dass der „bisher gewohnte Standard“ trotz anderslautender EU-Ansage beibehalten wird.  MAC