QI GONG
: Immer schön duschen

Er sagt immer was Wichtiges, jede Woche lerne ich was dazu

Einmal die Woche gehe ich zu Qi Gong, meine Energie bewegen, mich besser fühlen, so was halt. Viel machen wir da nicht, wir stehen ruhig rum, lassen’s fließen, bewegen ab und zu mal die Hände, die Arme, den Rumpf. Alles ganz ruhig. Anfangen tut es auch ganz easy, wir sitzen immer auf einem Kissen und drücken an unseren Füßen herum, ganz meditativ. Das heißt, die anderen tun das. Ich dagegen komme schon wieder zu spät.

„Krass, Alter, schon wieder!?“, sage ich sehr laut, als ich die Tür öffne und sie dort alle sitzen sehe. Ich sage das nicht so laut, weil ich stören will, sondern weil ich das wirklich nicht schnalle, wie das immer wieder passiert, ich zu spät zu Qi Gong. Dabei bin ich sofort nach zehn Mal Snooze-Drücken aus dem Bett gesprungen, hab extra das Duschen ausfallen lassen und mir die Sachen von gestern übergeworfen, statt Zeit zu vergeuden und frische aus dem Schrank zu suchen. Trotzdem zu spät. Krass, Alter.

Plötzlich ist er mir peinlich, mein Ausruf, der passt so gar nicht hierher. Aber egal. Wir stehen im Kreis, verfolgen den Weg der Energie durch den Körper, heben die Hände, die Arme, alles ist wieder gut. Nee, denk ich plötzlich, nichts ist gut. Ich stinke, und das ganz schön doll. Hätte doch duschen sollen. Ich öffne die Augen und guck, ob schon jemand die Nase rümpft. Das tut aber keiner und ich beruhige mich wieder, lausche weiter der Meditation. Mein Lehrer sagt grad was Wichtiges, er sagt immer was Wichtiges, jede Woche lerne ich was dazu. Jetzt grade sagt er: „Und manchmal bilden wir da so eine Mauer um uns.“ Ja, doch, hat er recht. Er redet weiter: „Eine Geruchsmauer zum Beispiel“, sagt er.

Er schaut mich nicht an, so direkt ist er nicht, und vielleicht meint er mich auch gar nicht damit, aber ich denke, er hat da schon wieder eine Weisheit fürs Leben gesagt: Vor Qi Gong sollte man auf jeden Fall duschen. JOEY JUSCHKA