Zeit der Experten

SICHERHEITSVERWAHRUNG Weiter keine Klarheit über Gefährlichkeit des entlassenen Straftäters W.

Der aus der Sicherungsverwahrung entlassene Hans-Peter W. sorgt weiter für heftige Diskussionen. Für wie gefährlich Experten den 53-Jährigen halten, blieb auch gestern unklar. „Wir warten auf das Gutachten unserer Spezialisten“, erklärte die Sprecherin der Justizbehörde, Pia Kohorst. Von der Einschätzung der Gutachter hängt es ab, welche Auflagen der Mann erfüllen muss.

Der Sexualstraftäter W. saß fast 30 Jahre in Baden-Württemberg hinter Gittern. Seit Mitte Juli ist er auf freiem Fuß. Vor gut einer Woche zog er nach großem öffentlichen Druck vom niedersächsischen Bad Pyrmont nach Hamburg. Hier wird er seither durch Polizeibeamte überwacht.

Nach Ansicht des Kriminalpsychologen Rudolf Egg wird die Gefährlichkeit von Schwerverbrechern, die aus der Sicherungsverwahrung freikommen, möglicherweise überschätzt. „Es handelt sich da ja nicht um junge, kräftige Männer, sondern zum Teil um doch schon sehr betagte und jedenfalls jahrelang im Gefängnis lebende Personen“, sagte gestern der Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden. Zudem entschieden Gutachter bei der Prognose der Gefährlichkeit von Straftätern im Zweifel eher zugunsten der Sicherheit. „Bei der Prognose begeht man also eher den Fehler, dass man zu vorsichtig ist als zu großzügig.“

Hintergrund für Freilassungen aus der Sicherungsverwahrung ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg. Danach darf die Sicherungsverwahrung nicht rückwirkend verlängert werden. Es sei eine „sehr schwierige Gruppe von Personen“, die von dem Urteil betroffen ist, sagte der Kriminalpsychologe. „Es gibt kein Allheilmittel, was man mit diesen Menschen machen kann.“ Im Vergleich zur Sicherungsverwahrung gebe es keine Alternative, die die gleiche Sicherheit gewährleiste.

Die Gefährlichkeit eines Schwerverbrechers vorherzusagen, sei enorm schwierig, erklärte Egg. „Jemanden in Unfreiheit zu beurteilen, wie er sich in Freiheit verhalten wird, wenn er schon so lange drinnen war, ist nicht so ganz einfach.“  (dpa)