Unsinn macht mehr als Sinn

Die Politik unpolitischer Flashmobs

VON GEREON ASMUTH

Jetzt singen sie also Weihnachtslieder im Juli. Mit roter Mütze in einer Shoppingmall. Das soll lustig sein. Vor allem aber: unpolitisch. Darauf legen sie wert, die Flashmobber, die sich zu seltsamen Massenveranstaltungen in der Innenstadt verabreden. So ist sie also, diese Jugend von heute. Spaßversessen. Inhaltsleer. Gaga. Lady Gaga. Oh Tannenbaum!

So einfach kann man die wieder auflebende Flashmob-Bewegung als sinnlosen Quatsch abtun. Genauso einfach könnte man den Flashmobbern allerdings auch aufzeigen, dass ihre Aktionen gar nicht unpolitisch sein können. Ob sie nun wollen oder nicht. Schließlich agieren sie im öffentlichen Raum, sie stellen dessen üblichen Gebrauch durch eine Persiflage des normierten Verhaltens infrage, sie demonstrieren, dass sich die Stadt durchaus noch für andere Dinge eignet als für spurkonformen Konsumentenverkehr. Zum Beispiel für fast schon dadaistischen Blödsinn. Und wie hochpolitisch das ist, das werden die jungen Leute schon noch merken, wenn ihnen die üblichen Hüter der Ordnung mal gehörig auf die Finger hauen.

Mir doch egal

Eigentlich ist es aber auch vollkommen egal, ob man diese vernünftig unvernünftige Jugend nun mit dem spaßbremsend erhobenen Zeigefinger als inhaltsleer, weil sinnlos kategorisiert. Oder ob man sie als aus sich heraus politisch und damit sinnvoll für das eigene Weltbild zwangsrekrutiert. Denn beide Sichtweisen gehen davon aus, dass Handlungen einer Jugendbewegung einen Sinn ergeben müssen. Sinnvoll aber ist in dieser Stadt längst genug. Etwas mehr Unsinn macht daher mehr als Sinn.