LESERINNENBRIEFE
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Unseriöse Planungen

■ betr.: „Ruhr.2010: Augen zu und durch“, taz vom 28. 7. 10

Die Presse und die Organisatoren der Kulturhauptstadt-Events haben die Loveparade wie viele andere Projekte gefördert und beworben, weil es zu ihren Aufgaben gehört. Bis zum 24. 7.10 hat sich jeder Besucher, Redakteur und Förderer auf die Einhaltung vielfältiger Sicherheitsbestimmungen für solche Events bedingungslos verlassen können. Aus welchem Grund sollten die Bild, der WDR, oder Ruhr.2010 von einem Besuch der Loveparade abraten, obwohl das Ordnungsamt von Duisburg, die Feuerwehr und die Polizei der Veranstaltung zugestimmt haben?

Es ist Aufgabe der Organisatoren und Veranstalter, eine bezahlbare, genehmigungsfähige Durchführung zu organisieren. Wenn aber wie bei der Loveparade unseriöse Planungen nicht rechtzeitig durch die Stadt gestoppt werden, gefährdet sie offenbar wissentlich Menschenleben und verhindert damit unnötigerweise kreative Ansätze wie beispielsweise die Zusammenarbeit mit Nachbarstädten, um Kosten zu teilen und eine geeignete Fläche zu finden.

Das Still-Leben auf der A 40 hat eine Woche vorher eindrucksvoll gezeigt, welches unglaubliche Potenzial in der Kooperation von vielen Ruhrgebietsstädten geweckt werden kann. Nebenbei war die von euch kritisierte Ruhr.2010 für die Durchführung des sehr gut organisierten Still-Lebens mit mehr als doppelt so vielen Teilnehmern verantwortlich – ganz im Gegensatz zur Loveparade, die nur eine der großen von tausenden Veranstaltungen im Kulturhauptstadtjahr gewesen ist. HARTMUT MÜLLER, Essen

„Kultur von oben“

■ betr.: „Komm und guck das Ruhrgebiet!“, taz vom 24. 7. 10

Endlich werden Karl Ganser und Christoph Zöpel erwähnt. Endlich sagt jemand, dass es ohne die beiden den „Wandel durch Kultur“ im Ruhrgebiet nicht geben würde und dass es ohne die beiden hier nie zur Kulturhauptstadt 2010 gekommen wäre. Die Macher der Kulturhauptstadt 2010 erwähnen sie nicht; warum nicht?

Zur inhaltlichen Kritik von Roland Günter: Ja, es ist weitgehend „Kultur von oben“ und bestenfalls sehr bescheidene Kultur der Menschen, die hier leben, die hier arbeiten, die Ruhrgebietler sind, aus Tradition und aus Überzeugung. Ja, auch die kommunale „Local Heros-Woche“ ist in jeder Kommune ein weitgehend von städtischen Organisationen gemanagtes Kulturereignis. Die Akteure der kommunalen Kulturgesellschaft aus nicht städtischen Organisationen werden zum Mitmachen „herangezogen“. Sie werden „vorgezeigt“. Mit Kultur in einer kommunalen Bürgergesellschaft, getragen von Bürgerbewegungen, von Bürgerinitiativen, von privatem Engagement und wesentlich bestimmt von den hier lebenden und arbeitenden Künstlern, hat die Kulturhauptstadt 2010, haben ihre Events, haben die Lokal-Heros-Wochen nur sehr wenig zu tun.

Ohne Christoph Zöpel und Karl Ganser hätten wir nicht das Baudenkmal „Zollverein“. Wir hätten zum Beispiel ohne sie auch nicht die Baulichkeiten aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhundertes auf der ehemaligen Zeche Waltrop, in denen sich nach Erhalt und Renovierung jetzt unter anderem Manufactum befindet. Bis heute halten viele der „Macher“ in Politik und Verwaltung in den Kommunen, in der Region, im Land und in vielen Bereichen der Gesellschaft das, was Zöpel und Ganser geleistet haben, nicht zuletzt mit der Internationalen Bauausstellung Emscher-Park, für „Geldverschwendung“, für „eine ökonomische Fehlleistung“, für „nicht zukunftweisend“. Das Denken dieser Macher bestimmt seit einigen Jahren den gesamten Entwicklungsprozess „Ruhrgebiet“ und folglich auch den Inhalt der Kulturhauptstadt 2010. Und dieses Denken ist weit weg vom Denken und Handeln eines Christoph Zöpel, eines Karl Ganser und von dem ihrer vielen Mitstreiter aus allen sozialen Schichten der Bevölkerung des Ruhrgebietes. WALTER STACH, Waltrop