Mit Sicherheit arm

Nach kurzem Job-Boom zur Fußball-WM bauen Security-Firmen ihr Personal wieder ab. Verbleibende Mitarbeiter unterstreichen Forderung nach 7,50 Euro Mindeststundenlohn

von KAI VON APPEN

Eigentlich zählt das Wach- und Sicherheitsgewerbe zu den Boom-Branchen. Allein in Hamburg arbeiten 8.000 Menschen bei Security-Unternehmen: Sie sichern Banken, Unternehmen, Kaufhäuser und Einkaufszentren, Bahnhöfe und sogar das städtische Polizeipräsidium. Von Boom kann bei der Bezahlung keine Rede sein: Wachleute erhalten nicht mehr als 6,10 Euro pro Stunde. Darunter liegen „nur noch Floristen und Spargelstecher“, sagt die ver.di-Expertin Ulrike Fürniß. „Selbst bei McDonalds verdient ein Mitarbeiter 20 Prozent mehr.“ Gegen solche „Armutslöhne“ und „prekäre Beschäftigung“ macht die Gewerkschaft jetzt mit einer Mindestlohnkampagne mobil. Die Forderung: 7,50 Euro die Stunde müssen es schon sein.

Im niedersächsischen Stade besuchte gestern eine Delegation von 45 MitarbeiterInnen der Security-Branche den Chef des Wachunternehmens „WAKO Nord“, Peter Schmidt. Der ist zugleich Chef des Arbeitgeberverbands der Wach- und Sicherheitsdienste Hamburg (BDWS).

Die Fußball-WM ist vorbei und damit auch die Zeit, da Security-Firmen durch das Schaffen von Jobs für positive Schlagzeilen sorgten. Viele während der WM eingestellten Personen werden bereits wieder entlassen, beobachtet ver.di. Und auch während des Turniers hätten sich kaum Wachleute eine goldene Nase verdient – obwohl sie teilweise viele Überstunden schoben und Wochenenden durcharbeiteten.

Daher sei es an der Zeit, dass die „empörend schlechte Bezahlung von Sicherheitsmitarbeitern und das aktuelle Tarifangebot des BDWS wieder in den Vordergrund tritt“, sagt Peter Bremme, zuständiger ver.di-Fachbereichsleiter der Abteilung Besondere Dienstleistungen. Nach zwei „Nullrundenjahren“ böten die Arbeitgeber eine Tariferhöhung von 1,2 Prozent für 2006 sowie weiteren 1,5 Prozent für das Jahr darauf an.

Zwar soll die unterste Lohngruppe von 6,10 Euro durch 6,34 Euro ersetzt werden. Allein durch die Mehrwertsteuererhöhung im nächsten Jahr werde die minimale Lohnerhöhung aber zu einer Minusrechnung, rechnet Bremme vor. Zudem soll die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall lediglich auf Grundlage des Grundlohns erfolgen – also ohne die Überstunden. Für viele Mitarbeiter bedeutet das im Falle von Krankheit einen großen finanziellen Verlust. „Aktive Sicherheitsmitarbeiter und ver.di lehnen dieses Angebot ab“, sagt Bremme. Stattdessen fordert die Gewerkschaft einen Stufenplan hin zum Mindestlohn von 7,50 Euro und eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die von den realen Bezügen ausgeht.

Bei Nichtakzeptanz seines Angebots droht der BDWS laut ver.di offen mit dem Abbruch der Verhandlungen und einem Vertragsabschluss mit der Gewerkschaft GÖD (Gewerkschaft Öffentlicher Dienst), die bereits in einigen neuen Bundesländern „Armutstarife“ unterschrieben habe. Daher hofft Bremme, den BDWS-Vorsitzenden Schmidt durch die gestrige „unverhoffte Aktionslust der unzufriedenen Mitarbeiter zumindest zum Nachdenken gebracht“ zu haben. Weitere Aktionen schließt er nicht aus.