Bekenntnisse eines Aushilfshausmeisters

BASIS Die im Dunkeln sieht man nicht? Einer kennt alle Sphären der taz – Helmut Höge. Eine Selbstauskunft

■ Aushilfshausmeister der taz seit 2001; geboren in Bremen.

■ Vor und nach dem Studium tätig als Aushilfe in unterschiedlichen Genres: der Gärtnerei, der Schiffsmakelei, der Tierpflege, der Heimerziehung, der Vaterschaft, der Landwirtschaft und der taz-Redaktion.

■ Vor allem ist er Autor – der taz.

Heute werden einem selbst die freiwilligen Handlungen aufgezwungen. Und so kam es, dass ich Aushilfshausmeister wurde. Dieser „Weg nach unten“ war vorgezeichnet – nachdem ich mich schon zuvor in Aushilfen versucht hatte, vor wie während meines sozialwissenschaftlichen Studiums.

Der Job im Haus der taz an der damaligen Kochstraße eröffnete eine neue Sichtweise auf die „Hardware“: das Gebäude und seine Funktionen. Dabei bekam ich es mit quasineuen Leuten zu tun: den Nichtredakteuren. Sie erwiesen sich als „Gerüst“ der taz – noch mit alten „Kollektiv-Werten“. Zu denen gehörte die Aufhebung der Trennung von Hand- und Kopfarbeit.

Als man mir die Hausmeistervertretung antrug, dachte man, ich würde nun von ganz unten (aus dem Kellerlager sozusagen) einen selbstbewussten Blick auf die Kopfarbeiter da oben werfen. Ihnen hätte ich dann aber nicht mehr länger als Autor mit meinen Texten kommen dürfen. Sie, die täglich andere Leute angehen, wollen nicht selbst „thematisiert“ werden.

Als Erstes kaufte ich mehrere Saugglocken – eine Toilette war verstopft. Der Tag beginnt generell um 8 Uhr mit dem Verteilen der Post. Das meiste ist Werbung – vor allem für Kultur- und Öko-Events. Wenn nur taz auf dem Umschlag steht, muss die Sendung geöffnet werden.

Dabei stößt man auf viele Rechnungen, oft mit fetten Summen, weil die Trennung von Hand- und Kopfarbeit immer weiter fortschreitet – vor allem durch Outsourcen von „Dienstleistungen“. Alle konzentrieren sich nur noch auf ihre Arbeitsplatzbeschreibung beziehungsweise „Karriere“ – und lassen selbst eine atmoverbessernde Topfpflanze neben sich verdorren.

Deswegen ist das Blumengießen nun auch Aushilfshausmeistertätigkeit. Dass man ihn jetzt „Deputy Facility Manager“ nennt, macht insofern Sinn, als er das meiste heute übers Telefon „erledigt“ – bis hin zum Umstellen des Mobiliars.

Des ungeachtet wendet er seinen Blick von der „Belegschaft“ weg zu ihrer teurer werdenden „Umwelt“ – professionalisiert sich quasi. Da jede Ansage („Das und das ist kaputt!“) einem Befehl zur Behebung gleichkommt (obwohl die taz-Menschen geduldig sind – wenn es nicht gerade um das Warten auf Essen im Kantinen-Café geht), stellt sich langsam ein „Controller“-Bewusstsein ein. Nicht umsonst gilt der Hausmeister in Deutschland als Blockwart und in Russland gar als Spitzel.

„War er für die einen nur der verlängerte Arm des Hausherrn, der seine Nase in alle Angelegenheiten der Mieter steckte und dessen Anordnungen man unwidersprochen Folge zu leisten hatte, stellte er für andere die ‚goldene Seele‘ des Hauses dar, an die man sich bei Problemen stets wenden konnte“, heißt es in den Wiener Geschichtsblättern.

Das ist fast vorbei, nun werden auch sie sukzessive als „Dienstleister“ outgesourct und kehren als „Aufsichts- und Reinigungspersonal“ – entmachtet – zurück. Man sieht sie kaum noch.

In der taz bekommt man als Aushilfshausmeister noch warme Worte, wenn man etwas erledigt oder repariert hat. Im Ostblock waren alle Aushilfshausmeister- und -heizerstellen mit Regimekritikern, „Dissidenten“, besetzt. Deswegen hatte diese Position etwas Hochanständiges. Zudem befand sich der Arbeitsplatz dieser Leute meist im Keller (wo auch in der taz die Hausmeisterwerkstatt und die Heizzentrale angesiedelt ist).

Im Sozialismus war die Tätigkeit dadurch von vornherein und theoretisch wie praktisch im Untergrund angesiedelt. Das hat sich nun geändert: Wenn meine Freundin gefragt wird: „Na, bist du noch mit deinem Toparchitekten zusammen?“ und sie „Nein, mit einem Aushilfshausmeister!“ antwortet, dann erntet sie ein mitleidiges Lächeln.

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