Der langsame Abschied vom Turbo-Abi

REFORM Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) will Teil-Rückkehr zu G9 prüfen. In Hamburg und Schleswig-Holstein fordern Volksinitiativen Gymnasial-Abi nach 13 Schuljahren

In Niedersachsen hat die Diskussion um den teilweisen Abschied vom Turbo-Abi Fahrt aufgenommen. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) lässt prüfen, ob in Zukunft sowohl eine acht- als auch neunjährige Gymnasialzeit angeboten werden kann. „Manches spricht für eine Rückkehr zur Neunjährigkeit, es gibt aber auch gewichtige Stimmen, die G8 mindestens als Option aufrechterhalten möchten“, sagte der Landesvater dem Spiegel. Niedersächsische Eltern- und Lehrerverbände hatten zuvor ein schnelles Zurück zum Abitur nach 13 Jahren gefordert.

Eine Expertenkommission erarbeitet im Auftrag des Kultusministeriums derzeit Vorschläge für eine Reform des G8. Dabei wird geprüft, ob beide Schulzeiten parallel laufen könnten, wie es in Schleswig-Holstein schon seit Jahren der Fall ist, zum kommenden Sommer aber abgeschafft werden soll.

Dann sollen nur noch die Gemeinschaftsschulen das G9-Abi anbieten. Dagegen sammelte die Initiative „G9 – Jetzt!“ bis Ende Januar Stimmen, um in einem Volksentscheid die beschlossene Schulreform doch noch zu kippen.

Eine solche Initiative gibt es derzeit auch in Hamburg, wo der Senat am Abitur nach acht Gymnasialjahren festhält. Sein Argument: Alle Stadtteilschulen böten auch den Weg zur Allgemeinen Hochschulreife an – und das eben nach 13 Jahren Schulzeit.

„Im Frühjahr dieses Jahres könnten erste Ergebnisse vorliegen, die als Grundlage für politische Beratungen dienen, die bis zum Sommer abgeschlossen sein könnten“, sagte eine Sprecherin des niedersächsischen Kultusministeriums. Der Dialog mit dem 20-köpfigen Expertengremium sei „ergebnisoffen“. Wie die Reform des Abiturs aussehen könne, müsse am Ende jedoch der Gesetzgeber entscheiden.

Weil kritisierte derweil, dass bei der achtjährigen Schulzeit Jugendliche und Eltern unter zu viel Stress litten. „Dass die Kinder bisweilen längere Arbeitszeiten als ihre Eltern haben, empfinde ich als hoch problematisch“, sagte er. Zudem hielten viele Betriebe die jungen Abiturienten für nicht reif genug. MARCO CARINI