Kürzungen? Aber doch nur im Vorjahres-Budget!

Beiräte dürfen 2006 genauso viel ausgeben wie 2005, sagt der Innensenator. Der Etat wird allerdings rückwirkend gekürzt. „Ein ganz erstaunlicher Kunstgriff“, urteilen Experten

„Sorgen“ seien „völlig unbegründet“, versichert Innensenator Thomas Röwekamp (CDU): „Die ehrenamtlich tätigen stadtbremischen Beiräte verfügen in diesem und im kommenden Jahr über Globalmittel in der bisherigen Höhe!“ Beiräte und Ortsamtsleiter beeindruckt das wenig. Sie fürchten, auf gut ein Drittel ihres Budgets verzichten zu müssen. „Ein Sturm im Wasserglas“, sagt Röwekamp dazu.

Aufgeschreckt hat die Stadtteilpolitiker eine Zahl im unlängst verabschiedeten Haushalt. Demnach stehen 2006 für alle Beiräte zusammen nicht mehr knapp eine Million, sondern nur noch 632.000 Euro Globalmittel zur Verfügung – Geld, das die Stadtteil-Vertretungen eigenverantwortlich für Projekte, Initiativen und Vereine ihres Territoriums ausgeben dürfen.

Eine „abartige und absolut unverhältnismäßige Kürzung“, schimpft die Sprecherin des Beirats Mitte, Monika Heuß (Grüne). Das Versprechen Röwekamps, die Globalmittel mit Hilfe nicht ausgegebener Reste aus dem Jahr 2005 auf die ursprüngliche Höhe wieder aufzustocken, hält sie für ein „Trostpflaster“.

Tatsächlich ist es weit weniger als das. Denn die Beiräte gingen bisher davon aus, dass ihnen die 336.000 Euro, die sie im vergangenen Jahr nicht ausgegeben haben, in diesem zusätzlich zur Verfügung stünden. So war es bislang üblich. Und besonders die kleineren Beiräte – die nur über entsprechend kleine Budgets verfügen – seien geradezu darauf angewiesen, einen Teil über den Jahreswechsel hinweg anzusparen, räumt der Sprecher des Innenressorts, Markus Beyer, ein. Nur so nämlich ließe sich auch einmal ein größeres Projekt finanzieren. Sie dürften nun das Nachsehen haben.

„Ich predige immer wieder: Gebt das Geld aus“, sagt Hans-Peter Mester, Leiter des Ortsamts West: „Man weiß nie, was im nächsten Jahr ist.“ Die Beiräte in Gröpelingen, Walle und Findorff haben sich daran gehalten und die ihnen zustehenden Globalmittel im vergangenen Jahr nahezu komplett verteilt. Doch einige der Projekte, sagt Mester, hätten das ihnen bereits zugesagte Geld noch nicht bekommen. Es sei zwar „gebunden“, also per Beirats-Beschluss vergeben. Es ist im Prinzip ausgegeben. Aber noch nicht ausgezahlt.

Das Problem: Für Röwekamp zählt dieses Geld – allein in Gröpelingen geht es um rund 15.000 Euro – zu den nicht beanspruchten „Resten“ aus 2005: Es soll dazu beitragen, die 35-prozentige Budgetkürzung 2006 zu kompensieren. „Ein ganz erstaunlicher Kunstgriff“, befindet Mester.

Das Innenressort bestätigte, dass zumindest ein Teil der angeblichen „Reste“ aus 2005 bereits fest vergeben sei. Für wie viele der 336.000 Euro das gilt, konnte Röwekamps Sprecher am Freitag jedoch noch nicht sagen.

Auch die Frage, wie die „Reste“ unter den einzelnen Beiräten verteilt werden, ist strittig. In einem Schreiben vom 7. Juli hatte Röwekamps Behörde diesen noch angekündigt, jeder bekäme genau seine „Reste“ aus dem Vorjahr zusätzlich gutgeschrieben. Beiräte, die ihr Budget im vergangenen Jahr komplett ausgegeben haben, müssten somit in diesem Jahr mit einer realen Kürzung desselben um 35 Prozent leben. Nun soll in „bilateralen Gesprächen“ ein Ausgleich zulasten anderer Beiräte verhandelt werden. Weil ja alle „Sorgen“, wie Bürgermeister Röwekamp erklärt hat, „völlig unbegründet“ sind. sim