Diese Woche wird wichtig für …
: Arnold Schölzel

… weil der Chefredakteur der „Jungen Welt“ mit internen Kritikern der Blattlinie zu Israel und Iran so zweifelhaft umgeht, dass die Sache demnächst vor Gericht landen könnte.

Der Chefredakteur der Tageszeitung Junge Welt (JW) ist Kritik gewohnt. Als das ehemalige FDJ-Blatt kürzlich vom Spiegel als „Sammelbecken früherer DDR-Agenten“ geziehen und ihre Verfassungstreue angezweifelt wurde, wurde diese Schmähung sogar auf der Homepage www.jungewelt.de verlinkt.

Doch mit manchen BlattkritikerInnen geht die JW-Chefredaktion nicht so kulant um. Der langjährige Spanienkorrespondent Ralf Streck hatte vor einigen Wochen einen „Offenen Brief an die Junge Welt und ihre Leserschaft“ unterschrieben. Dort haben sieben mehr oder wenige ständige JW-MitarbeiterInnnen die Linie der Zeitung zu Israel und dem Irak kritisiert. JW-Kommentator Werner Pirker habe sich „einer unerträglichen Verniedlichung des offen antisemitischen Staatschefs des Iran“ befleißigt, in dem er den Eindruck erwecke, dass es sich um eine „Spielart von legitimem Antizionismus“ handeln könnte, so die KritikerInnen: „Ebenso entschieden, wie wir den Kriegsplänen gegen den Iran entgegentreten, lehnen wir ein Kleinschreiben eines virulenten und aggressiven Antisemitismus ab“, heißt es in dem kurzen Brief.

Diese Blattkritik kam bei der JW-Verantwortlichen nicht besonders gut an. Arnold Schölzel wollte sie zunächst nicht abdrucken und vermutete die lange Hand der Hamburger Monatszeitschrift Konkret dahinter. „Die JW mit Antisemitismus in Verbindung zu bringen, ist die Geschäftsidee einer Hamburger Zeitschrift und ihr verbundener Autorinnen und Autoren. Diese Sicht der Dinge kann gern dort bleiben.“ Schließlich entschloss man sich zur Veröffentlichung mit dem Kommentar, dass die Kritik unbegründet sei.

Für den Mitunterzeichner des Aufrufs Ralf Streck war die Angelegenheit damit nicht zu Ende. Der langjährige Spanienkorrespondent konnte plötzlich keine Artikel im Blatt mehr unterbringen, obwohl er weiterhin täglich Texte anbot. Dafür schrieb plötzlich ein neuer Kollege über Spanien. Für Streck kein Zufall, auch wenn die JW-Chefredaktion einen Zusammenhang mit seiner Unterschrift unter den offenen Brief bestreitet. Ver.di-Mitglied Streck will jetzt notfalls seine Rechte einklagen. Denn nach mehr als zehn Jahren als JW-Korrespondent kann er nicht so einfach abserviert werden.

Für den Chefredakteur der sich als „marxistisch“ und „antikapitalistisch“ verstehenden Tageszeitung ist es sicher keine gute Nachricht, sollte ihm bescheinigt werden, dass die JW MitarbeiterInnenrechte verletzt. Schließlich versteht man sich gern als Interessenvertretung der ArbeiterInnen – zumindest wenn sie nicht in der eigenen Firma beschäftigt sind. Peter Nowak