Strompreise explodieren

Dank der Hitze wird die Kilowattstunde für bis zu 40 Cent gehandelt. Solarstrom rückt so an die Schwelle zur Wirtschaftlichkeit

AUS FREIBURG BERNWARD JANZING

Selten war Strom so wertvoll wie am heutigen Montag: Jede Kilowattstunde, die heute zwischen 11 und 12 Uhr in Deutschland verbraucht wird, hat einen Marktwert von 40 Cent – das ist etwa das Zehnfache des üblichen Großhandelspreises. Denn am Spotmarkt der Leipziger Strombörse (EEX) sind in den letzten Tagen die Kurse geradezu explodiert. Selbst die so genannte Grundlast, also der Mittelwert des Strompreises, gemessen über 24 Stunden, wurde am Spotmarkt zuletzt für 11,7 Cent je Kilowattstunde gehandelt.

Damit spiegelt die Strombörse exakt die angespannte Marktsituation wieder: Strom ist in Mitteleuropa knapp geworden in diesen Tagen. Grund ist die Hitze, die sich gleich doppelt auf den Strommarkt auswirkt. Zum einen lassen die vielen Klimaanlagen in diesen Wochen den Verbrauch rapide ansteigen. Zum anderen fallen zunehmend Erzeugungskapazitäten aus. Das betrifft zum einen die Großkraftwerke, die ihre Leistung drosseln müssen, weil der niedrige Pegelstand der Flüsse und die hohen Flusstemperaturen an manchen Standorten keine ausreichende Kühlung mehr gewährleisten. Vor allem die Atomkraftwerke an der Elbe sind betroffen; dort wurden die Leistungen um bis zu 25 Prozent reduziert.

Gleichzeitig bringen aber auch die Wasserkraftwerke – besonders die großen Rheinkraftwerke fallen ins Gewicht – aufgrund der Trockenheit weniger Leistung. Und schließlich wird auch Windstrom bei der derzeitigen Wetterlage kaum erzeugt.

Hinzu kommt, dass Frankreich – mit rund 80 Prozent Atomstrom noch viel stärker vom Kühlwasser abhängig – aufgrund eigenen Strommangels auf dem deutschen Markt einkauft. Die EnBW, die inzwischen zu 45 Prozent dem französischen Stromgiganten Electricité de France (EDF) gehört, exportiert in diesen Tagen zur zeit der höchsten Nachfrage am Mittag bis zu 600 Megawatt nach Frankreich – das ist immerhin fast ein Zehntel dessen, was gleichzeitig im Übertragungsnetzbereich der EnBW (der etwa dem Land Baden-Württemberg entspricht) an Strom verbraucht wird.

Aufgrund dieser Entwicklung sah sich die deutsche Strombranche bereits gezwungen, die Verbraucher zu beruhigen: „Die Stromversorgung ist in Deutschland trotz des extremen Wetters stabil“, versicherte am vergangenen Freitag Eberhard Meller, der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDEW). Und als wäre dies keine Selbstverständlichkeit, fügte er noch hinzu: „Die rund 1.000 Stromunternehmen tun alles, um Störungen zu vermeiden.“

Der Solarenergie-Förderverein Deutschland e. V. (SFV) mit Sitz in Aachen wies unterdessen darauf hin, dass Solarstromanlagen genau dann die höchste Leistung liefern, wenn der Stromverbrauch aufgrund des Betriebs der Kühlaggregate am größten ist. Bei vollem Sonnenschein ersetzten die Photovoltaikanlagen in Deutschland bereits ein ganzes Atomkraftwerk.

Und nicht nur das. Solarstrom ist an Sommertagen wie heute fast schon konkurrenzfähig. Dem aktuellen Preis des Stroms aus Uran, Kohle oder Erdgas von bis zu 40 Cent je Kilowattstunde steht eine gesetzlich festgelegte Vergütung für Solarstrom von 40,59 bis 51,80 Cent gegenüber.