Noch kein Frieden in Sicht

Westliche Diplomaten und Politiker reisen derzeit viel für den Frieden im Nahen Osten – aber das ist nur zynische Fassade

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Wäre der Umfang ihrer Reise- und Konferenzaktivitäten ein Indikator für die Ernsthaftigkeit der lautstark behaupteten Bemühungen westlicher Politiker und Diplomaten um ein baldiges Ende des Krieges – der Waffenstillstand zwischen Israel, der Hisbollah und Libanon müsste spätestens morgen früh beginnen. Doch die Aktivitäten sind größtenteils zynische Fassade. Aus einer Mehrheit der westlichen Hauptstädte – darunter vor allem aus Washington und aus Berlin – erhält die israelische Regierung weiterhin deutliche politische Signale der Unterstützung. Das geht bis zu Waffenlieferungen für die Fortsetzung des Krieges noch bis mindestens Anfang nächster Woche. Auf der anderen Seite gibt es bislang auch keinerlei ernsthafte Bemühungen um die noch letzte Woche eifrig diskutierte Stationierung einer UNO-Truppe im Südlibanon, um die Raketenabschüsse der Hisbollah auf israelische Städte zu unterbinden.

Ein Sprecher der US-Regierung bestätigte einen Bericht der New York Times, wonach die USA Israel bereits in den nächsten Tagen hochmoderne Präzisionbomben liefern werden, die die israelische Luftwaffe zur Zerstörung von Bunkeranlagen der Hisbollah einsetzen will. Die Präzisionsbomben mit einem Gewicht von rund 2.300 Kilogramm hatte die israelische Regierung erst zu Beginn ihrer Angriffe auf Ziele auf libanesischem Territorium am 13. Juli in Washington bestellt. Laut dem zitierten hochrangigen Pentagonvertreter und laut Militärs ist die schnelle Auslieferung dieser erst zehn Tage alten Waffenbestellung „höchst ungewöhnlich“.

US-Präsident George Bush machte eine „Lösung der Krise“ und einen Waffenstillstand in einer Rundfunkansprache abhängig von dem vorherigen Erfolg eines „scharfen Vorgehens“ gegen die Hisbollah sowie gegen „deren Verbündete in Syrien und im Iran“.

Weder in Jerusalem noch in Washington wurde ein Bericht der israelischen Zeitung Ha’aretz dementiert, die USA hätten der Regierung in Jerusalem ihre „Unterstützung zugesichert“ für eine Fortsetzung des Krieges noch „bis mindestens zum kommenden Sonntag“. US-Außenministerin Condoleezaa Rice brach zwar am Sonntagabend zu einer „Vermittlungsmission“ in die Kriegsregion auf. Sie will sich laut amerikanischen Regierungsvertretern aber frühestens ab Anfang nächster Woche um einen Waffenstillstand bemühen.

Der israelische Armeerundfunk berichtete am Wochenende erneut, die israelischen Streitkräfte bereiteten eine groß angelegte Bodenoffensive vor. Ein israelischer Regierungssprecher erklärte zwar, es gebe keine Pläne zur Besetzung des Libanon. Er dementierte jedoch ausdrücklich nicht wiederholte Äußerungen israelischer Militärs, wonach geplant sei, eine mindestens 15 Landmeilen breite „Sicherheitszone“ nördlich der libanesischen Grenze mit Bodentruppen zu besetzen.

Die Haltung der USA findet weitgehende Unterstützung bei der deutschen Bundesregierung. Nach einem Treffen mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Samstag erklärte der israelische Verteidigungsminister Amir Peretz mit deutlicher Befriedigung, Israel habe „von deutscher Seite bislang keinen Druck erfahren […] zur Vorlage eines Zeitplans für eine Ende der Truppenoperationen im südlichen Libanon“. Steinmeier machte deutlich, die Bundesregierung sehe die Voraussetzungen und den Zeitpunkt für einen Waffenstillstand noch nicht gekommen.

Steinmeiers französischer Amtskollege Philippe Douste-Blazy sprach sich hingegen nach Gesprächen mit Vertretern der ägyptischen Regierung in Kairo für eine „sofortige Feuerpause“ aus. Gemeinsam mit Ägypten befürworte Frankreich eine entsprechende Resolution des UNO-Sicherheitsrats, mit der auch die Stationierung einer internationalen Truppe beschlossen werde solle. Zur Beratung und Verabschiedung einer solchen Resolution sind jedoch die USA bislang nicht bereit.

Am Mittwoch macht der Zirkus der „Friedensdiplomatie“ einen Tag in Rom Station. Auf Einladung der italienischen Regierung treffen dort die Außenminister und Diplomaten der USA, Deutschlands und anderer EU-Staaten mit AmtskollegInnen aus verschiedenen arabischen Staaten zusammen. Vertreter Israels und der Hisbollah werden in Rom nicht erwartet.