Investor brüskiert Senat

ROTE FLORA Eigentümer Klausmartin Kretschmer lässt Gespräch platzen, bei dem über den Rückkauf der Immobilie durch die Stadt verhandelt werden sollte

„Wir haben erst mal genug – nun muss er auf uns zukommen“

ALTONAS BEZIRKSAMTSSPRECHER NIELS FISCHER

Der Event-Investor und Eigentümer des besetzten Stadtteilzentrums Rote Flora, Klausmartin Kretschmer, führt Politik und Öffentlichkeit an der Nase herum. Nun hat er erneut ein mit Senatsunterhändlern geplantes Gespräch über den Rückkauf der Roten Flora platzen lassen, obwohl er dieses Gespräch mehrfach gefordert hatte. Dabei hätte ausgelotet werden sollen, ob die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch macht, das sie sich 2001 beim Verkauf an Kretschmer hatte verbriefen lassen.

„Das Gespräch wäre heute gewesen“, sagte am Dienstag der Sprecher des zuständigen Bezirksamtes Altona, Niels Fischer. „Gestern Abend rief Herr Kretschmer an und sagte ab.“ Eigentlich sollten Altonas Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose (parteilos) und der in der Finanzbehörde für das Immobilienmanagement zuständige Thomas Schuster mit dem Event-Investor reden. Es sei das zweiten Mal, dass Kretschmer ein Gespräch abgesagt habe „Wir haben erst mal genug – nun muss er auf uns zukommen“, sagt Fischer, der „alles sehr merkwürdig“ findet.

Kretschmers Absage ist ein weiteres Indiz dafür, dass er pokert, um den Verkaufpreis in die Höhe zu treiben. Denn die Senatsunterhändler Warmke-Rose und Heller hatten die klare Vorgabe einer schwarz-grünen Koalitionsrunde bekommen, dass der Rückkaufpreis nicht wesentlich über dem geschätzten Verkehrswert von 1,2 Millionen liegen dürfe. Kretschmer möchte mindestens fünf Millionen Euro für die Immobilie kassieren, die er 2001 von der Stadt für 370.000 Mark erworben hatte.

Nur wenn er die Stadt zu einem Kauf der Roten Flora über den Verkehrswert bewegen kann, könnte das Geschäft für ihn lukrativ werden. Verkauft er die Immobilie an Fremd-Investoren – Kretschmer tönt seit Wochen, ihm lägen Angebote über bis zu 20 Millionen Euro vor – müsste er den Erlös über dem Verkehrswert laut Vertrag an die Stadt abführen. Zu Kretschmers Spielchen gehört offensichtlich, dass er erneut ankündigte, die Anwohner am Schulterblatt in einer Art „Zukunftswerkstatt“ über die weitere Verwendung des Gebäudes mitentscheiden lassen zu wollen.

Die NutzerInnen der Roten Flora wollen zu dem Treiben keine Stellung nehmen und verweisen auf ihre Erklärung, die sie zu Beginn der Verkaufsgerüchte abgegeben haben. Man sehe einen Rückkauf der Flora „nicht als einen Akt der Entspannung“, heißt es da. Auch nach dem Auslaufen der bisherigen vertraglichen Regelungen von Stadt und Investor im März 2011 bleibe die Rote Flora besetzt und „der lebendige Ausdruck unseres Aufbegehrens gegen die Verhältnisse“.

Bezirk und Senat sehen die Rotfloristen nicht als „Partner, mit denen es etwas auszuhandeln gäbe“. Beide seien vielmehr verantwortlich „für eine Politik von Standortdenken auf der einen, von Ausgrenzung, Vertreibung und Repression auf der anderen Seite“. KAI VON APPEN