Bürger sollen leiser funken

Die NRW-CDU will den Lokalfunk umstrukturieren. Damit die Radiosender schwarze Zahlen schreiben, soll der Bürgerfunk begrenzt werden – weil er angeblich ein „Ausschaltfaktor“ ist

VON EMMA WEISS

Die CDU in Nordrhein-Westfalen will dem Bürgerfunk an den Kragen. „Spätestens kurz nach der Sommerpause“ wolle die CDU-Landtagsfraktion einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Landesmediengesetzes vorlegen, erklärt der medienpolitische Sprecher der Fraktion, Michael Brinkmeier.

Was die Christdemokraten gegen das „Radio von unten“ haben, steht in einem Brief, den der Landtagsabgeordnete Thorsten Schick vor einiger Zeit an verschiedene Bürgerfunker verschickte. Der Bürgerfunk sollte „keine fremdsprachigen Sendungen enthalten“, schreibt Schick. Zwar versichern Schick und Brinkmeier gegenüber der taz, dass diese Formulierung nicht auf Musikbeiträge und auch nicht auf fremdsprachige Wortbeiträge, die im Anschluss auf Deutsch übersetzt werden, gemünzt sei. Im selben Schreiben heißt es jedoch weiter, dass Sendungen für Randgruppen „für die Mehrheit der Hörer völlig uninteressant“ seien und zum „Ausschaltfaktor“ würden.

Mit der Novellierung des Landesmediengesetzes zielt die CDU-Fraktion laut Brinkmeier vor allem auf eine Umstrukturierung des Lokalfunks. Die Lokalradios sollten schwarze Zahlen schreiben und mit dem gestiegenen Qualitätsanspruch der Hörer mithalten können. Dafür ist der Bürgerfunk nach Vorstellung der CDU offenbar hinderlich. Wie Achim Hermes, Pressesprecher der CDU-Landtagsfraktion, betont, seien es jedoch auch die Chefredakteure der Lokalsender, die massive Kritik am Bürgerfunk äußerten und dafür einheitliche Sendezeiten nach 22 Uhr forderten.

Das freilich wäre das Aus für den Bürgerfunk. Sendungen mit Kindern, Menschen mit einem lokalen Anliegen oder Schulklassen sind um diese Uhrzeit sinnlos, weil sie ihre Zielgruppen nicht mehr erreichen, sagt der Vorsitzende vom Dachverband gemeinnütziger Rundfunkvereine (IGR-NRW), Christoph Schaefler.

Dabei steht die Theorie vom „Ausschaltfaktor Bürgerfunk“ ohnehin auf tönernen Füßen. Laut der so genannten Volpers-Studie, die die Landesanstalt für Medien NRW im Februar in Auftrag gegeben hatte, wächst die Hörerschaft der Lokalradios nicht nur insgesamt, anhand der Quoten ist auch kein erdrutschartiger Einknick beim Beginn der Bürgerfunksendungen am Abend – meist zwischen 19 und 21 Uhr – festzustellen. Nach 22 Uhr erreichen die Hörerzahlen dann allerdings ihr Tagestief – der Bürgerfunk würde um diese Uhrzeit kaum noch jemanden erreichen. Trotzdem bestätigt CDUler Schick, dass die CDU die Forderung der Chefredakteure nach einheitlichen Sendezeiten aufgreift. Allerdings wolle man sich noch nicht auf eine bestimmte Uhrzeit festlegen.

Zusätzlich soll das „Gieskannenprinzip“, wie Schick die bisherige Förderung der Radiomacher bezeichnet, durch ein Projektprinzip abgelöst werden. Auch das wäre das Aus für den Bürgerfunk. „Die erhebliche Zusatzarbeit für Projekterstellung und -beantragung könnte von den hauptsächlich ehrenamtlich arbeitenden Werkstätten nicht geleistet werden“, betont Christoph Schaefler. Er fordert die gezielte Förderung der anerkannten Radiowerkstätten, die neben der Produktion des Bürgerfunks auch medienpädagogische, technische und journalistische Schulungen durchführen.

Schaefler erinnert die Landesregierung außerdem daran, dass bürgerschaftliches Engagement ohnehin immer weiter abnimmt. Daher solle sie das breite Engagement, das im Bürgerfunk zu finden ist, entsprechend honorieren und die Unterstützung eher noch ausbauen anstatt sie mit sinnlosen Reformen zerschlagen.

Auch die Volpers-Studie unterstreicht die Bedeutung des Bürgerfunks in der Medienlandschaft in NRW: „Hier können sich Bürger im Medium Hörfunk artikulieren, die im Lokalfunk beziehungsweise anderen lokalen Medien kaum zu Wort kommen dürfen.“

Der Koalitionspartner der CDU hat zu dem Thema offenbar noch keine Meinung. Wibke Op den Akker, die Pressesprecherin der FDP-Fraktion, erklärte, dass die FDP die Vorstöße des Koalitionspartners zwar zur Kenntnis nähme, aber bislang zu keiner Einigung gelangt sei.