piwik no script img

NACHTRAG ZUM FESTUngebetene Gäste

Kein Schokoladenweihnachtsmann mehr weit und breit

„Und, geht’s Ihnen gut?“, fragt ein etwas heruntergekommen gekleideter Mann, der gerade vor mir auf der Bergmannstraße entlangschlendert. Die Frau, die er angesprochen hat, sitzt einsam rauchend vor dem Kaffee am Meer. Es nieselt. „Janz hervorragend“, sagt die Frau. Sie sitzt im Nieselregen ohne Schirm und sieht wirklich so aus, als ob es ihr gutgehen würde. „Haben Sie vielleicht eine Spende für Rübchen?“, fragt der Mann. „Ich habe ihn gerade erst aus dem Tierheim geholt, weil doch Weihnachten war“, sagt er. Neben ihm läuft ein braun-weißer Hund mit eingezogenem Schwanz. Die Frau schüttelt den Kopf. Der Hund setzt sich auf den nassen Boden und kratzt sich hinter dem Ohr.

Ich kratze mich auch hinter dem Ohr und laufe weiter zur Apotheke. „Ich hätte gerne einen Läusekamm“, sage ich zur Frau in der Apotheke. Jetzt juckt es mich auch im Nacken. „Sie haben Glück. Einen haben wir noch übrig“, sagt die Verkäuferin. „Wir haben ungefähr zwanzig davon über die Feiertage verkauft“, sagt sie.

Die Frau hat ganz wollige Haare. Ich kratze mich jetzt unkontrolliert am ganzen Kopf. „Da hatten wohl so einige ungebetene Gäste zu Weihnachten“, sagt sie und lächelt. Aus dem Augenwinkel sehe ich beim Verlassen der Apotheke, wie sie sich jetzt auch am Kopf kratzt.

Bei Rossmann ist gerade nicht wirklich was los. Aber die Regale sind wieder gut gefüllt. Kein Schokoladenweihnachtsmann mehr weit und breit. Keine Böller sind zu sehen und keine Luftschlangen. Aber es dauert sicher nicht mehr lange, bis die Ostereier hier auftauchen.

Die Verkäuferinnen blicken gelangweilt vor sich hin. Ich kaufe Windeln, die Frau vor mir legt gerade eine Packung Toilettenpapier aufs Band, und der Mann vor ihr bezahlt eine Tüte Klumpstreu fürs Katzenklo. „Gekackt wird immer“, denke ich mir. MAREIKE BARMEYER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen