Auch die Windmühlen leiden unter der Hitze

Die tägliche Stromproduktion fällt auf rund 500 Megawatt – weniger als ein Zwanzigstel der Spitzenwerte im Winter. Das tut der weltweiten Nachfrage nach Windparks aber keinen Abbruch. Davon profitieren auch deutsche Hersteller

Der heiße Sommer lässt auch die Windräder langsamer drehen. „Gestern fiel die Stromproduktion auf 500 Megawatt“, sagte Bernhard Lange von der Universität Kassel der taz. An winterlichen Spitzentagen waren es noch bis zu 12.000 Megawatt gewesen. Aber nicht nur die beinahe tropischen Temperaturen bringen die deutsche Windindustrie ins Schwitzen. Ihr Anteil am Weltmarkt sei nämlich von 27 auf 17 Prozent gesunken, hieß es gestern auf der Halbjahrespressekonferenz der Windenergiebranche. Bei der Wertschöpfung, also der gesamten wirtschaftlichen Leistung der deutschen Hersteller am Weltmarkt, sind die Einbußen noch größer. Sie ging von 50 auf 38 Prozent zurück.

Ralf Bischof vom BWE erklärt dies mit dem boomenden Weltmarkt: Windkraft liege international im Trend. „Länder wie Spanien, die USA oder auch China und Indien bauen vermehrt eigene Mühlen.“ Im Vergleich zum vergangenen Jahr wurden die Stromerzeugungskapazitäten weltweit um 25 Prozent erhöht. Dementsprechend sei der prozentuale Anteil der deutschen Industrie kleiner geworden. „In absoluten Zahlen gemessen hat die Windindustrie hierzulande aber zugelegt“, erklärt Bischof und verweist auf einen Wertschöpfungszuwachs von rund 1 Milliarde Euro.

Insgesamt liegt der Wert der Branche damit bei 5,3 Milliarden Euro. „Das ist mehr als derjenige der Hotellerie oder der Kaffeebranche“, sagt Norbert Giese vom Maschinen- und Anlagenbauverband VDMA. Mit einem Exportanteil von 71 Prozent sei die deutsche Windkraftindustrie zudem stark exportorientiert. „Vor allem die Amerikaner bestellen derzeit ganze Mühlen. Eigentlich sollte sich der Transport von fertigen Türmen ja nicht lohnen. Aber in den USA fehlt halt nach wie vor eine leistungsfähige Windmühlenindustrie.“

Dieser Boom sei aber kein Selbstläufer, meinen die Branchenexperten. „Heutzutage betreiben selbst indische und spanische Unternehmen ihre Entwicklungsabteilungen noch in Deutschland“, sagt Bischof. Damit das so bleibe, seien zusätzliche Initiativen im Bereich der Offshore-Anlagen auf dem Meer nötig. Hier hinke Deutschland im internationalen Vergleich hinterher, sagt VDMA-Geschäftsführer Thorsten Herdan: „Wir brauchen endlich mehr Testfelder. Ansonsten glaubt uns keiner, dass wir die Technik beherrschen.“

Dem Repowering, der Erneuerung alter Windanlagen durch neuere, leistungsfähigere Modelle, sind derzeit ebenfalls Grenzen gesetzt. „Oftmals bestehen Einschränkungen bezüglich der Höhe von Windmühlen“, sagt Bischof. Dabei könnte die Leistung der deutschen Windkraft durch das Repowering verdreifacht werden. „Zurzeit liegen wir auf dem deutschen Markt bei 6,8 Prozent Marktanteil. Bis zum Jahr 2020 wären aber 20 Prozent möglich“, sagt Bischof.

DANIEL BÖHM