USA weniger passiv

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Israels Stabschef Dan Chalutz kümmert der Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice wenig. Die Operation im Libanon könne noch „lange dauern“, sagte er am Montag wenige Stunden vor der Ankunft von Rice in Jerusalem. Zuvor hatte die Außenministerin überraschend Beirut besucht. Die israelischen Bodentruppen drangen unterdessen schrittweise weiter nach Norden vor und erreichten die Stadt Bint Dschbeil. Diese gilt als Hochburg der Hisbollah. Hier sollen nach den Worten von Chalutz „mehrere hundert Terroristen“ Unterschlupf gesucht haben. Nach Berichten von Al-Dschasira starben zwei Soldaten bei den heftigen Gefechten.

Die israelische Invasion „wird die Raketenangriffe nicht stoppen“, zitierte Al-Dschasira gestern Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah. Erst am Sonntag wurden bei einem Angriff der schiitischen Extremisten erneut zwei Menschen in Haifa getötet. Seither wurden rund 90 Katjuscha-Raketen auf den Norden Israels abgefeuert.

Mehr als 370 Libanesen, 37 israelische Zivilisten und 20 Soldaten sind bislang ums Leben gekommen, dennoch eilt es den USA nicht mit einem Waffenstillstand. Wenn die Gewalt beendet werde, „nur um innerhalb weniger Wochen wieder auszubrechen“, dann sei nichts gewonnen, sagte Rice vor ihrem Besuch. „Wir alle verfolgen das gleiche Ziel und wollen die Kämpfe schnell beenden.“

Rice flog zunächst überraschend nach Beirut, wo es auch um die schwierige humanitäre Lage ging, und von dort weiter nach Jerusalem, um über die Bedingungen zu einem andauernden Waffenstillstand zu beraten. Dabei geht es in erster Linie um Sicherheitsgarantien für Israel. Libanons Regierungschef Fuad Siniora hatte vergangene Woche die Staatengemeinschaft um Unterstützung gebeten, die Hisbollah unter seine Kontrolle zu bringen.

Die sich abzeichnende Lösung ist der Einsatz einer multinationalen Stabilisierungstruppe. Israels Premierminister Ehud Olmert erhofft sich eine militärisch starke und kampferprobte Truppe, die „von den Ländern der EU“ gestellt werde. In Jerusalem besteht ferner der Wunsch, dass die Nato die Führung übernimmt. Israels Vize-Premierminister Schimon Peres hält es für unwesentlich, „wer den Einsatz führen wird“. Wichtig sei vor allem, dass es ein starkes Mandat gebe und dass die Mission erfüllt werde.

Israels Bedingung für einen Waffenstillstand ist neben der Freigabe der beiden von der Hisbollah entführten Soldaten eine Vertreibung der Hisbollah aus der Grenzregion, ihre Entwaffnung und langfristig die Stationierung libanesischer Soldaten im Südlibanon.

Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass eine haltbare Lösung nicht ohne syrisches Zutun gelingen wird. Rice betonte, dass die Berichte über das kühle Verhältnis zwischen dem Weißen Haus und Damaskus „übertrieben“ seien. Man sei sehr wohl bereit zu einer Zusammenarbeit mit Präsident Baschar Assad. „Wir haben wieder und wieder mit Syrien gesprochen“, sagte sie. „Das Problem ist nicht, dass es keine Gespräche gegeben hätte, sondern dass die Syrer sich nicht daran hielten.“ Damaskus steht im Gegensatz zu den Palästinensergebieten vorerst nicht auf der Reiseroute der US-Außenministerin.