Tödlicher Amoklauf nach der Kündigung

USA Ein Fahrer eines Bierlasters, der wegen Diebstahl gefeuert wird, erschießt im Bundesstaat Connecticut acht Kollegen und sich selbst. Kurz zuvor teilt er seiner Mutter noch mit: „Ich habe die Rassisten getötet“

Thorntons Angehörige wissen von rassistischen Belästigungen am Arbeitsplatz

WASHINGTON taz | „Er war die freundlichste und friedlichste Person, die man sich vorstellen kann“, sagt die Mutter seiner langjährigen Freundin über Omar Thornton. Am Dienstagmorgen, während des Schichtwechsels in dem Getränkelager in Manchester im Bundesstaat Connecticut, packt der 34-jährige Fahrer ein Waffe aus und beginnt, auf seine Kollegen zu schießen. Minuten später sind acht Personen tot und zwei verletzt. Omar Thornton zieht sich in ein Büro zurück. Er telefoniert noch mit seiner Mutter, die vergeblich versucht, ihn vom Selbstmord abzuhalten. Als die Polizei anrückt, erschießt er sich.

Alle neun Toten arbeiteten beim Familienunternehmen Hartford Distributors. Der Todesschütze selbst war dort seit zwei Jahren als Fahrer eines Bierlasters tätig. Wenige Momente vor seinem Amoklauf hatte er ein letztes Gespräch mit Vorgesetzten. Dabei konfrontierten sie ihn mit einem Video, das ihn dabei zeigt, wie er Bier stiehlt. Er wird vor die Alternative gestellt, entlassen zu werden oder selbst zu kündigen. Thornton kündigt.

Sein Gewerkschaftsvertreter von den Teamsters, der bei dem Gespräch dabei ist, will ihn zum Werksausgang begleiten. Auf dem Weg zieht Omar Thornton die Waffe. Der Gewerkschafter ist eines der ersten Opfer. Der Vorgesetzte wird von zwei Schüssen verletzt, und überlebt. „Wie durch ein Wunder“, sagt er. Darüber, ob Thornton seine Opfer ausgewählt oder wahllos in die Lagerhalle geschossen hat, gibt es verschiedene Darstellungen. „Er war kalt wie Eis und sehr ruhig“, beschreibt der Vorgesetzte Steve Hollander den Todesschützen. „Er tötete gute Menschen, die ihm nie ein böses Wort gesagt haben.“

Der Todesschütze selbst sah das anders. Bei dem letzten Telefonat mit seiner Mutter soll er gesagt haben: „Ich habe die fünf Rassisten getötet, die mich belästigt haben.“ So gibt es Stunden später sein Onkel Will Holliday an die Presse weiter.

Omar Thorntons Angehörige wissen von rassistischen Belästigungen am Arbeitsplatz. Immer wieder hat er ihnen von rassistischen Bildern und Sprüchen erzählt. Und von einer Zeichnung in der Toilette. „Jeder Mensch hat eine Schmerzgrenze“, sagt Joanne Hannah, die Mutter seiner Freundin, nach dem Amoklauf.

In seinem Betrieb, wo er der einzige schwarze Beschäftigte seiner Abteilung war, ist nichts von Rassismus bekannt. Sprecher der Teamsters bestreiten, dass Thornton bei der Gewerkschaft wegen Rassismus vorstellig geworden sei. „Das hier hat nichts mit Rassen zu tun“, will Teamsters-Sprecher Christopher Roos wissen. „Es geht um einen Beschäftigten, der sich über eine Disziplinarmaßnahme aufregt und auf Leute schießt.“ Die Hollanders, die das Unternehmen seit Jahrzehnten führen, bestreiten, dass es dort Rassismus gibt.

Fest steht, dass Omar Thornton eine Pistolenerlaubnis hatte. In seinem Facebook-Eintrag hat er unter der Rubrik „gefällt mir“ und „persönliche“ Interessen auch den Waffenladen Hoffman’s Gun Center in der Nachbarstadt Newington aufgelistet. Hoffman’s wirbt mit dem Slogan: „Gewehre für die guten Kerle“ und verkauft seine Schusswaffen auch online.

Der Amoklauf vom Dienstag in Connecticut ist der schlimmste seit dem letzten November. Damals erschoss ein Militärpsychiater in Foot Hood in Texas 13 Menschen. DOROTHEA HAHN