Brandenburg vertrocknet

Der Pegel der Seen in der Region sinkt von Jahr zu Jahr – weil in den heißen Sommern zu viel Wasser verdunstet. In der aktuellen Dürre führen die Flüsse wie Oder oder die Spree kaum noch Wasser

von RICHARD ROTHER

Kaum eine andere Großstadt hat in ihrer Umgebung so viele und so schöne Seen zu bieten wie Berlin. Aber die Idylle ist bedroht – durch die anhaltende Hitze, die die Badeseen auf angenehme Temperaturen bringt. Denn die Seen verlieren von Jahr zu Jahr Wasser, viele Tümpel und manch kleiner See in Brandenburg sind schon ausgetrocknet. Bei anderen Seen ist der Wasserspiegel um bis zu zwei Meter gesunken.

Beim nächsten Badeausflug kann man das Sinken der Wasserspiegel erkennen: An den Schilfstengeln, die direkt über der Wasseroberfläche braun sind, oder auch an dem Gras, das heute dort wächst, wo vor einiger Zeit noch Wasser war. Besonders betroffen sind die Seen in der Uckermark. Dies hat mehrere Ursachen: Zunächst gehört die östlich gelegene Uckermark wie die Oderregion oder die Lausitz zu den niederschlagsärmsten Gebieten der Region. Zudem ist die Uckermark, erdgeschichtlich gesehen, die jüngste der Gegend. Während in anderen Gebieten – etwa der Lausitz – die eiszeitlichen Seen längst versandet sind, ist dieser Prozess in der Uckermark in vollem Gange.

Hauptursache für das Austrocknen der Seen in ganz Brandenburg sind die heißer werdenden Sommer. Die jährlichen Niederschlagsmengen, die relativ konstant sind, reichen nicht mehr aus, die starke Verdunstung in den Sommermonaten auszugleichen. Selbst ein verregneter Sommer wie der des letzten Jahres ist kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. „Wir sind schon froh, wenn sich der Prozess mal verlangsamt“, sagt Matthias Freude, Präsident des Brandenburger Umweltamtes. Im Durchschnitt sei das Grundwasser in Brandenburg, das in den Seen an die Oberfläche tritt, in den vergangen 15 Jahren um 70 Zentimeter gesunken.

Ein starker Sommerregen hilft dagegen gar nichts. Das Wasser, das nicht sofort an der Oberfläche verdunstet, wird nämlich spätestens von den Pflanzen und Bäumen verbraucht, dringt also kaum bis ins Grundwasser. Problematisch sind auch die verbreiteten Kiefernwälder auf den Brandenburger Sandböden, die eigentlich für die Grundwasserbildung ideal sein müssten, weil das Wasser rasch durchfließt. Nadelbäume verdunsten auch im Winter Wasser – Feuchtigkeit, die dem Grundwasser fehlt. Freude macht eine Rechnung auf: „Würden wir nur ein Drittel der Brandenburger Nadel- in Laubwälder umbauen, ließe sich dadurch mehr Grundwasser gewinnen, als Berlin und Brandenburg verbrauchen.“

Besonders problematisch ist die Dürre für die Spree, die derzeit kaum noch fließt. Die Folge: Vor allem Muscheln, die für die Reinheit des Flusses sorgen, sterben. Ursache ist die Dürre in der Lausitz und der dortige ehemalige Braunkohletagebau. Das Abpumpen des Grundwassers aus den Kohlegruben in die Spree hat den Fluss vertieft und verbreitert – für diesen Querschnitt fehlt heute Wasser. Nicht ganz schuldlos sind derzeit aber auch Gartenbesitzer im Spreewald, die ihre Beete mit dem Wasser aus den Kanälen berieseln.

Umweltamtschef Freude hat das Phänomen beobachtet: Sein Amt hat die Schleusen der Talsperre Spremberg weiter flussaufwärts geöffnet, um den Fluss am Fließen zu halten. „Wir geben mehr als elf Kubikmeter Wasser pro Sekunde in den Fluss ab, aber unterhalb des Spreewaldes kommt nur ein Kubikmeter davon an“, so Freude. Brandenburg sieht sich so gezwungen, Spreewasser aus Sachsen zuzukaufen.

Eine kleine Genugtuung empfindet Freude trotz der Dürre dennoch. Im Frühjahr hat seine Behörde mehr Wasser im Spremberger Stausee gehalten als vorgesehen war – um Speicherkapazität im Falle eines Sommerhochwassers vorzuhalten. Freude: „Das Wasser können wir jetzt gut gebrauchen.“