kein kommentar!
: Von Möhren und Menschen

Im Frühjahr 2007 sendet RTL die vierte Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“. Am 1. August beginnen die Castings – auf Mallorca. Jurypräsident Dieter Bohlen ist völlig aus der Finca: „Ich glaube, dass das hypersuperlustig wird.“

„Megapark“, „Discoteca Paladium“, „Neon Club“ in der Hochsaison – ein klares Bekenntnis zur Zielgruppe, aber alles keine Orte, an denen große Karrieren beginnen. Dort enden sie. Damit verabschiedet sich RTL endgültig von der Legende, dass man Superstars am Fließband herstellen kann. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, ist selber schuld. „Alle Frauen und Männer, die sich für ein Gesangstalent halten, können ohne Anmeldung vorbeikommen“, schreibt RTL der Presse herrlich unverblümt. Genau wie dem Zuschauer sind auch dem Sender die Nichtskönner mit Geltungsdrang am liebsten. Konsequent wäre es, nach den Castings einfach aufzuhören.

Das gilt auch für die geplante fünfte Staffel der Pro 7-Reality-Soap „Popstars“. In der Jury sitzen wird Nina Hagen (Foto), vor allem bekannt dafür, dass sie vor mehr als 30 Jahren in einer Talkshow trockenmasturbiert hat. Ein verzweifelter Versuch also von Pro 7, wenigstens noch ein bisschen Aufmerksamkeit zu erregen, denn, wie schrieb die FAZ in einem Porträt so treffend: „Nina Hagen ist in ihrer jahrzehntelangen Karriere immer für eine Schlagzeile gut gewesen“ – das war’s aber auch!

Ernsthaftes Karrierecoaching ist von ihr wohl kaum zu erwarten, dafür Nachhilfe in Fratzenschneiden, wie ein sterbender Geier krächzen und mit der Bild-Zeitung wirres Zeug über Ufos reden – der Umgang mit den Boulevardmedien könnte für die Kandidatinnen schnell wichtiger werden, als ihnen lieb ist.

Auch wenn’s schwer fällt, zum Schluss noch eine Frage: Warum sitzt Mirja „Möhre“ Boes in keiner Jury? Sie könnte diesen jungen Menschen so viel geben. Auch ihre – nun ja – Karriere begann im 17. deutschen Bundesland, in einer aus diversen RTL2-Dokus bekannten Diskothek. Mit ihrem derben Charme eroberte sie bald auch den Rest der Nation und moderiert nun bei RTL den „Karaoke Showdown“ – eine Ausnahmekarriere, um die sie „alle Frauen und Männer, die sich für ein Gesangstalent halten“, ewig beneiden werden. DAVID DENK