Keine Waffenruhe in Sicht

Angesichts der unvereinbaren Positionen ihrer Teilnehmer dürfte die Konferenz kaum Einfluss auf den Krieg haben

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

„Wir haben diesen Gipfel einberufen, um fundamentale Probleme zu lösen – das erste ist ein Waffenstillstand im Krieg zwischen Israel und den Hisbollah-Milizen im Libanon.“

Diese Worte des italienischen Premierministers Romani Prodi, Gastgeber der heutigen internationalen Nahost-Konferenz in Rom, dürften Wunschdenken bleiben. Schon allein wegen der unzureichenden Teilnehmerschaft. Zwar werden UNO-Generalsekretär Kofi Annan, US-Außenministerin Condoleezza Rice sowie ihre Amtskolleginnen aus Russland, den vier EU-Staaten Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Italien sowie den vier arabischen Ländern Ägypten, Saudi-Arabien, Libanon und Jordanien an den Beratungen teilnehmen. Es fehlen am Konferenztisch aber Vertreter der beiden unmittelbar kriegsführenden Parteien Israel und der Hisbollah. Die israelische Regierung lehnte eine Teilnahme ab. Und die Hisbollah wurde erst gar nicht eingeladen. Ebenso wenig wie Iran und Syrien, obwohl beide Staaten nach Darstellung westlicher Regierungen die Hisbollah in dem aktuellen Krieg unterstützen oder sie sogar dazu angestiftet haben.

Auch der knappe Zeitrahmen – zwei Stunden Diskussion am Morgen, dann 90 Minuten Mittagessen – lässt kaum gründliche Beratungen erwarten, geschweige denn greifbare Ergebnisse wie die Vereinbarung einer Waffenruhe.

Aber das ist auch gar nicht gewollt – zumindest nicht von der politisch gewichtigsten Teilnehmerin der Konferenz, US-Außenministerin Rice. Sie wird wiederholen, was sie bereits in den letzten zwei Tagen bei ihren Besuchen in Beirut und Jerusalem verkündet hat: Ein „Waffenstillstand um jeden Preis“ wird von der US-Regierung abgelehnt. Damit ein Waffenstillstand „tragfähig“ sei, müssten vor seiner Vereinbarung drei Bedingungen erfüllt sein: die Freilassung der beiden am 12. Juli von der Hisbollah entführten israelischen Soldaten; die Entwaffnung der Hisbollah und ihre Vertreibung aus einer mindestens 25 Kilometer breiten Pufferzone im Libanon entlang der Grenze zu Israel; die Vereinbarung über die Stationierung einer multinationalen, bevorzugt von der Nato geführten Truppe in dieser Pufferzone für 60 bis 90 Tage. Diese Truppe soll die libanesische Armee durch Training dazu in die Lage versetzen, die Pufferzone dauerhaft militärisch zu kontrollieren und eine Rückkehr der Hisbollah in dieses Gebiet zu verhindern.

Damit hat die Bush-Regierung die Vorbedingungen der israelischen Regierung für einen Waffenstillstand vollständig übernommen. Die Kriegsführung der israelischen Streitkräfte dient wesentlich dem Ziel, eine dieser Vorbedingungen – die von Hisbollah und ihren Raketenstellungen gesäuberte Pufferzone – zu schaffen, möglichst bis Anfang nächster Woche. Zumindest bis dahin hat die Bush-Regierung nach Darstellung ranghoher US-Vertreter der Regierung Olmert grünes Licht und ihre Unterstützung für die Fortsetzung des Krieges signalisiert.

Rice stieß mit ihren Vorstellungen bereits bei ihrem Beiruter Treffen mit Libanons Premierminister Fuad Siniora am Montag auf Ablehnung. Siniora bestand darauf, der erste Schritt in einem Friedensprozess müsse die schnelle Vereinbarung und Umsetzung eines Waffenstillstandes sein. Diese Position dürfte der libanesische Außenminister heute bekräftigen – unterstützt von seinen Amtskollegen aus Saudi-Arabien, Jordanien, Ägypten, Russland, Frankreich und Italien. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier wird hingegen weitgehend oder gar vollständig die Position Washingtons unterstützen. Nicht ganz klar war im Vorfeld der Konferenz, wie sich der britische Außenminister positionieren wird, nachdem einer seiner Staatssekretäre am Wochenende mit deutlicher öffentlicher Kritik an der israelischen Kriegsführung für Aufsehen gesorgt hatte.

UNO-Generalsekretär Annan versucht angesichts dieser Gemengelage den goldenen Mittelweg. Zwar plädiert auch er für eine „sofortige Waffenruhe“, erwähnt zugleich aber auch die Forderungen, deren Erfüllung die Regierungen in Washington und Jerusalem zur Vorbedingung für eine Waffenruhe machen. Mit Blick auf die Konferenz erklärte er: „Es ist wichtig, dass wir nicht mit leeren Händen auseinander gehen und wieder einmal einen Strich durch die Hoffnungen derjenigen machen, die in diesem Konflikt gefangen sind.“ Doch genau dieses dürfte passieren.