Ganz neu, ganz alt, ganz anders: Desney Bailey debütiert und Bobo In White Wooden Houses kehrt zurück

Musik kann ja sehr verschiedene Aufgaben erfüllen. Mal soll sie trösten, mal soll sie einen zum Tanzen bringen, mal melancholisch stimmen, und mal soll sie gar nicht weiter auffallen. Desney Bailey nun hat versucht, all diese Eigenschaften zu bündeln. „Meant To Be“, das erste Album der in New York geborenen Sängerin, funktioniert tatsächlich wie eine traditionelle Jazz-Platte, aber auch wie eine Soundtapete. Durch eine grundsätzlich eher schwermütige Stimmung rauschen jederzeit fordernde Beats, und trotzdem kann man sich ganz prima reinkuscheln in die unaufgeregt dahinfließenden Tracks. Dass diese Quadratur gleich mehrerer Kreise gelingt, ist einigermaßen erstaunlich. Bailey, die bislang vor allem als Gaststimme bei Jazzanova und Machomovers brillierte, hat alle zwölf Songs das Albums zusammen mit Oliver Marquardt geschrieben, der „Meant To Be“ auch produzierte. Der firmiert sonst als DJ Jauche oder DJ Jackflash, hat aber bislang nicht unbedingt Anlass gegeben, allzu Bahnbrechendes von ihm zu erwarten. Tatsächlich ist das Sounddesign von „Meant To Be“ auf Dauer dann doch eintönig. Ob man es nun Neo-Soul nennen will oder NuJazz, Chill-Out oder Downtempo, am Ende klingt jeder Song wie der davor oder der danach. Der Rhythmus verändert sich nur minimal, die melancholische Stimmung bleibt sich stets gleich und selbst die Melodie scheint irgendwie immer dieselbe zu sein. Doch weil Bailey gar nicht erst versucht, die Soul-Röhre zu geben, sondern lieber zurückhaltend singt, ergibt sich ein ruhig dahinfließender Strom aus Klang, der seinen ganz eigenen Reiz aus der Monotonie entwickelt – und in letzter Konsequenz tatsächlich viele verschiedene Aufgaben zu erfüllen in der Lage ist.

So was wäre Christiane Hebold zu unübersichtlich gewesen. Sie hat im Laufe ihrer Karriere zwar sehr verschiedene, aber im Einzelfall immer recht eindeutige Musik gemacht. Bei Bobo In White Wooden Houses war sie Anfang der 90er die Frontfrau einer letztlich unerfüllten Pophoffnung aus Ostberlin. Danach experimentierte die Band mit elektronischen Beats, später mit einem Orchester, ganz später löste sie sich auf und Bobo verschwand in der Versenkung, tauchte aber als Stimme von Rammsteins Hit „Engel“ wieder auf, zusätzlich aber auch als Singer/Songwriterin und parallel mit schwerblütigen Neuinterpretationen alter deutscher Volkslieder und kanonisierter Gedichte. Diesem bewundernswerten Zickzack-Kurs fügt Hebold nun ein weiteres Kapitel hinzu. Sie hat Bobo In White Wooden Houses reformiert, zum großen Teil sogar in der originalen Besetzung und in einem Kinosaal auf Rügen ein neues Album eingespielt. Das heißt „Transparent“ und geht den weiten Weg zurück in die ersten Jahre der Band. Nichts ist mehr zu hören von den Experimenten, an denen sich Hebold in all den Jahren versucht hat. Auf „Transparent“ ist es wieder 1992, der Folkpop der Band ist luftig, vielleicht etwas rockiger als damals, aber ihre Stimme ist wieder hell und ungebrochen. Manchmal darf Musik auch einfach nur schön sein. THOMAS WINKLER

■ Desney Bailey: „Meant To Be“ (Royal Flames Music)

■ Bobo In White Wooden Houses: „Transparent“ (BMG Rights Management/Rough Trade)