Krafti will Klinsi sein

NRW-SPD-Fraktionschefin Hannelore Kraft stellt auf stur – und vergleicht sich mit Jürgen Klinsmann. Wie der Ex-Bundestrainer solle die SPD an ihrer Strategie festhalten. Spitzenkandidat erst 2008

VON MARTIN TEIGELER

Hannelore Kraft empfiehlt der NRW-SPD die „Strategie von Jürgen Klinsmann“. Wie der frühere Fußballnationaltrainer solle die Oppositionspartei „keinen Millimeter“ von ihrer Linie abweichen, forderte die Fraktionsvorsitzende der NRW-Sozialdemokraten gestern in Düsseldorf: „Klinsmann hat sich auch nicht durch schlechte Umfragen und negative Schlagzeilen von seinem Kurs abbringen lassen.“

Vergangene Woche hatte die NRW-SPD katastrophale Umfragewerte zur Kenntnis nehmen müssen. Laut einer Forsa-Erhebung kennen 83 Prozent der NRW-Bürger keinen einzigen sozialdemokratischen Landespolitiker. Forsa-Chef Manfred Güllner sprach mit Blick auf die NRW-SPD von einem „Niedergang ohne Beispiel“ (taz berichtete). „Natürlich hat uns das schon weh getan“, sagte Kraft. Sie habe mit dem SPD-Landesvorsitzenden Jochen Dieckmann telefoniert. Die Doppelspitze der Sozialdemokraten sei sich einig, dass man mit den „nicht schönen“ Umfragewerten dennoch gelassen umgehen müsse. „Wir haben ja noch Zeit bis zu den nächsten Wahlen 2009 und 2010“, so Kraft.

Nach dem ersten Jahr in der Opposition wolle sich die SPD jetzt stärker inhaltlich profilieren – aber weiterhin die „Abteilung Attacke“ nicht vernachlässigen. Besonders in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik wolle die NRW-SPD als „Partei der Gerechtigkeit auf der Seite der kleinen Leute stehen“, so Kraft. Die Forsa-Umfrage hatte auch ergeben, dass rund 95 Prozent der Arbeiter in NRW keinen SPD-Landespolitiker kennen. Sogar der bayerische SPD-Oppositionsführer Franz Maget ist demnach in seinem traditionell CSU-regierten Land populärer als die NRW-Genossen Kraft und Dieckmann in der roten Ex-Hochburg an Rhein und Ruhr.

Inhaltlich konkret wurde Kraft gestern beim Thema Schulpolitik. Sie sei für eine Verlängerung der Grundschulzeit. „Es ist völlig falsch, Kinder schon nach der 4. Klasse in Schubladen zu stecken“, sagte die Fraktionschefin. Die Regierungskoalition lehnte den Vorstoß prompt ab. „Die SPD kämpft die Schlachten längst vergangener Tage“, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Bernhard Recker.

Wohl auch auf parteiinternen Druck hin kündigte Kraft gestern einen Zeitplan für die Benennung eines Gegenkandidaten zu Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) an. „Sowas darf man nicht hundert Tage vor der Wahl klären“, hatte der Gelsenkirchener SPD-Oberbürgermeister Frank Baranowski in der vergangenen Woche gesagt. Andere Unterbezirksvorsitzende hatten ebenfalls einen Zeitplan gefordert, damit sich die neue Nummer 1 der SPD bis zur Landtagswahl 2010 öffentlich profilieren könne. „Dafür brauchen wir keine Aufforderung von Frank Baranowski“, entgegnete Kraft gestern. 2008 werde die NRW-SPD den oder die Rüttgers-HerausforderIn küren: „Das ist doch völlig klar.“ Zu ihren persönlichen Ambitionen sagte Kraft nichts.