Reinigendes Gewitter verkommt zur Commedia

Die Urteile gegen die in den italienischen Manipulationsskandal verwickelten Fußballklubs werden in zweiter Instanz abgemildert

ROM taz ■ Vom großen Drama zur billigen Komödie: So lässt sich der Weg des italienischen Fußballskandals durch die Instanzen der Sportgerichtsbarkeit beschreiben. Das Urteil jedenfalls, das am Dienstagabend von der Berufungskammer verkündet wurde, stellt den Spruch der ersten Instanz auf den Kopf.

Dort waren nämlich noch Zwangsabstiege verkündet worden für die drei Skandalvereine Juventus Turin, Lazio Rom und Florenz sowie ein satter Punktabzug plus Ausschluss aus der Champions League für den in der ersten Liga verbleibenden AC Mailand. Nach dem Revisionsurteil aber bleibt von den harten Strafen kaum noch etwas übrig: Nur Juventus Turin – der Verein, der mit seinem Sportdirektor Luciano Moggi und seinem Geschäftsführer Antonio Giraudo das Zentrum des Manipulationsnetzwerks bildete – muss jetzt noch in die Serie B absteigen; außerdem wurden dem Verein die Meistertitel von 2005 und 2006 aberkannt. Aber auch Juve profitiert von einem deutlichen Strafnachlass: Statt mit 30 startet der Club mit nur noch 17 Minuspunkten in die neue Saison. Ein direkter Wiederaufstieg rückt so also doch wieder in den Bereich des Möglichen.

Fast ungeschoren kommen die anderen drei Vereine davon. Florenz und Lazio Rom bleiben in der Serie A. Für die abgelaufene Saison kriegen sie jeweils 30 Punkte abgezogen und verpassen so die Teilnahme an der Champions League (Florenz) bzw. am Uefa-Cup (Lazio). In der neuen Saison müssen sie mit dem Handicap von 19 (Florenz) bzw. 11 Minuspunkten antreten – sind aber weiter in der Ersten Liga dabei. Noch besser erging es dem AC Mailand. Der sah den Punktabzug für die vergangene Saison auf 30 reduziert – und darf jetzt sogar wieder bei der Champions-League-Qualifikation antreten. Auch der Abzug für die kommende Saison von acht Punkten ist zu verschmerzen.

Kurzum: Aus der Revolution im italienischen Fußball ist nichts geworden. Dabei hatten es die Vorwürfe in sich. Systematisch sollen die Vereinsmanager im Zusammenspiel mit den Spitzen des Fußballverbands und den für die Schiedsrichterauswahl zuständigen Funktionären die Auswahl der „Unparteiischen“ in der Ersten Liga und damit den Ausgang zahlreicher Partien manipuliert haben. Denn die Juventus Turin (und den von Juve protegierten Vereinen) gewogenen Schiedsrichter pfiffen, so die Anklage, systematisch die Gegner nieder. Und wenn ein Schiedsrichter mal nicht parierte, konnte es ihm passieren, dass er hinterher von Luciano Moggi in der Kabine eingesperrt wurde – deshalb wird Moggi sich vor der Strafjustiz auch wegen Freiheitsberaubung verantworten müssen.

Jetzt aber hat das Sport-Berufungsgericht die ganze Sache zu einem Skandälchen herabgestuft. Der Vorsitzende, Piero Sandulli, ist bekannt als ausgewiesener Fan von Lazio Rom, aber auch seine Richter-Kollegen trugen den milden Spruch mit. Den de facto freigesprochenen Vereinen aber reicht das noch lange nicht. Schon kündigten die Spitzen von Lazio Rom und Florenz an, sie wollten vor das Verwaltungsgericht ziehen, damit auch die verbleibende Reststrafe kassiert wird. Claudio Lotito, Präsident von Lazio, setzte noch eins drauf: Er kündigte eine mögliche Schadensersatzklage wegen der „ungerechtfertigten Strafe“ an.

Denjenigen, die auf ein reinigendes Gewitter gehofft haben, bleibt nun nur die Hoffnung auf die Strafjustiz. Immerhin ermittelt die Staatsanwaltschaft Neapel noch wegen Sportbetrug gegen die Hauptprotagonisten des Skandals. MICHAEL BRAUN