Kommentar
: Null Alkohol und viel Bahn für alle

Bund und Länder wollen für Fahranfänger, egal welchen Alters, die Null-Promille-Grenze einführen. Wer in der Probezeit alkoholisiert am Steuer erwischt wird, kann dann seinen Führerschein verlieren

Okay, das Thema ist ernst. Verdammt ernst. Es geht um den Tod. Und es geht um die Jugend. Also zwei Dinge, die sich genau diametral gegenüberstehen. Wer will schon jung sterben? Niemand. Trotzdem trinken vor allem jugendliche Führerscheininhaber Freitag für Freitag, Samstag für Samstag, ja sogar Donnerstag für Donnerstag beim Ausgehen und fahren später im vollen Bewusstsein Auto, dem nämlich, dass sie eigentlich gar nicht mehr fahren dürften. Sie sind blau, betrunken, alkoholisiert. Oder im Amtsdeutsch: fahruntüchtig.

Fahruntüchtigkeit ist vor allem ein Phänomen der Provinz. Wer dort kein Auto hat, kann das Ausgehen am Wochenende meist vergessen. Busse und Bahnen, die im Zweistundentakt und nur wochentags bis sechs Uhr abends verkehren, sind kein adäquater Ersatz, für niemanden, nicht nur für die Fahranfänger, sondern auch und gerade für die routiniert den Benz steuernden, „hin und wieder mal ’nen Schoppen“ Rotwein saufenden Familienväter. Trotzdem möchten Bundesregierung und Bundesländer ein komplettes Alkoholverbot nur für Fahranfänger verhängen. Und das sind in aller Regel junge Menschen um die 18, 19, 20 Jahre. Alle anderen sollen auch weiterhin so viel Alkohol trinken und fahren dürfen, bis die 0,5 Promille voll sind. Ersteres ist vom Ansatz her natürlich sehr schlau, wird aber durch Letzteres konterkariert. Was nützt es Fahranfängern, wenn sie sich auf langjährige, aber leider ziemlich betrunkene Fahrer verlassen müssen, damit diese sie nach Hause karren? Nichts.

Die Lösung ist deswegen ganz einfach: Entweder predigt man null Toleranz für alle, egal ob 18 oder 80, Anfänger oder Routinier. Oder man stülpt allen Menschen die großstädtische Sicht über, dass ein Auto doch gar nicht nötig sei („Nimm doch die Bahn!“), und baut gleichzeitig die Zug-, Bus- und Ruftaxiverbindungen jenseits der Städte aus, anstatt sie einzustellen. Dann nämlich gibt es auch echte Alternativen zu Horrorfahrten mit Betrunkenen: Horrorfahrten mit der Deutschen Bahn. Aber immerhin enden die selten tödlich am Baum oder im Graben.

Vernünftig und wünschenswert wäre natürlich, die beiden Vorschläge zu verbinden – Alkohol auf der Straße und großer Bahnhof auf der Schiene.

DOMINIK SCHOTTNER