Statistiker für Statistik

Studie: Amtliche Datenerhebung kostet Wirtschaft rund 230 Millionen Euro jährlich – und nützt den Unternehmen

BERLIN taz ■ Bisher schien der Fall klar: Acht von zehn Unternehmen stöhnten über die „hohe bis sehr hohe Bürokratie“ in Deutschland, meldete der Bundesverband deutscher Banken zuletzt. Als zeitraubend gelten vor allem Angaben für die amtliche Statistik. Die hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums jetzt erstmals untersucht. Dabei berücksichtigten die Forscher die Daten von 75.000 Unternehmen. Ergebnis: Nur jedes siebte muss überhaupt Daten an die Statistischen Landesämter oder das Statistische Bundesamt liefern. Durchschnittlicher Aufwand: 64 Minuten im Monat oder 36 Euro. Gesamtkosten für die deutsche Wirtschaft: 230 Millionen Euro im Jahr.

„Die Studie räumt mit dem Vorurteil auf, dass die amtliche Statistik zu den großen Verursachern von Bürokratiebelastungen zählt“, sagte Reiner Stäglin, Vizepräsident der Deutschen Statistischen Gesellschaft. Tatsächlich verbrauchen Anfragen der amtlichen Statistik gerade 9 Prozent des Zeitbudgets, das ein Unternehmen für Meldepflichten einkalkulieren muss. Sehr viel mehr Arbeit machen etwa „Bescheinigungen im Zusammenhang mit Personalwesen, Steuern und Rechnungswesen“. Ins Detail gingen die Autoren der Studie jedoch nicht.

Stattdessen brachen die Statistiker auch inhaltlich eine Lanze für die Statistik. „Die Politik braucht verlässliche Daten“, sagte Walter Radermacher, Vizepräsident des Statistischen Bundesamtes. Hartmut Tofaute, Finanzexperte des Deutschen Gewerkschaftsbundes, ergänzt: „Auch die Betriebe greifen für unternehmerische Entscheidungen auf die Daten zurück.“ Verbesserungsbedarf sahen die DIW-Experten bei der „Einzelfallgerechtigkeit“ und in der Kommunikation. So würden die einzelnen Branchen und Unternehmen sehr unterschiedlich belastet. Radermacher: „Und die Betriebe arbeiten lieber mit, wenn sie wissen, wozu ihre Daten benötigt werden.“ BEATE WILLMS