Bunte Mischung in der Zwischennutzung

MUSIK Vom Dream-Pop bis zum Klavierwahnsinn, und viel Feines dazwischen: das Palais-Wittgenstein-Festival im HO-Berlin

Eine aus Australien kommende und seit Jahren in der Stadt lebende Singer-Songwriterin, bei einem Konzert an einem Ort, dem noch der Retrocharme der DDR in den Mauern steckt und der gerade in einer Zwischennutzung bespielt wird – das ist doch so eine der kulturellen Bilderbuchseiten Berlins. Und weil sich die Singer-Songwriterin, Kat Frankie, dazu einer großen Beliebtheit erfreut, ist ihr Konzert zusammen mit dem Dream-Pop-Duo Me And My Drummer heute am Donnerstag im HO-Berlin bereits ausverkauft.

Was so gleich mal ein guter Auftakt ist für das Palais Wittgenstein Festival im HO-Berlin, der ehemaligen DDR-Kaufhalle bei der Jannowitzbrücke. Modenschauen und Ausstellungen gab es dort bis dato – und jetzt bis Sonntag eine Reihe von Konzerten, mit denen man sich von Elektronischem zu Akustischem hangelt. Manches darf man unter dem Stichwort Neo-Klassik abheften, anderes mag man Folktronica nennen. Ein Festival mit in Berlin lebenden Musikerinnen und Musikern und Gästen aus dem Ausland.

Eine bunte Mischung. „Wenn es überhaupt einen roten Faden gibt bei dem Festival“, sagt Marc Weiser, „dann den: kleinere, feinere Sachen in einem intimen Rahmen zu machen.“ Weiser, den man als Musiker als Rechenzentrum kennt, ist Palais Wittgenstein, die aus dem CTM-Festival hervorgegangene Ein-Mann-Konzertagentur. Und mit dem Festival wird doch präzise umrissen, was Palais Wittgenstein so alles gefällt und auch sonst macht.

Wie dehnbar zum Beispiel das ist, was man schlicht als Liedermachen fassen möchte, ist am Freitag mit vier in Berlin lebenden, als „Underground-Diven“ angekündigte Musikerinnen zu hören: die zwischen Folk und schrillem Pop changierende Mary Ocher, Tonia Reeh mit ihren elegant ins Tragödienfach schlitternden Klavierliedern, die israelische Sängerin Ofrin und die wie Kat Frankie aus Australien kommende Justine Electra. Am Samstag spielen Raz Ohara und Dictaphone, am Sonntag bei einem Nachmittagskonzert um 16 Uhr der in Kanada lebende Pianist Lubomyr Melnyk: ein meditativer Klavierwahnsinn in der Tradition von Steve Reich und Terry Riley. THOMAS MAUCH

■ Palais-Wittgenstein-Festival im HO-Berlin, Holzmarktstr. 66, 6.–9. Feb., www.palaiswittgenstein.com