bitte bayreuth statt beirut von WIGLAF DROSTE
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Deutschland hat wieder Bayreuth, mit der jährlich wiederkehrenden Krankheit Wagner. Dabei handelt es sich nicht um Franz Josef Wagner, den in feuchter Unterhose schreibenden Bild-Kolumnisten, der am 24. Juli im Feuilleton der taz ein Konzert der Rolling Stones besprach und sich dabei als „Street Fighting Man“ und „Gossen-Goethe“ die Hände und andere Körperteile rieb. Nein, es geht noch ein paar Nummern drunter: Richard Wagner heißt der Held der gehobenen Gamsbartdeutschen. Wagner war die Krönung der deutschen Romantik. Anders gesagt: Wagner komponierte wie ein in den Wald scheißender Aasvogel. Weil es davon so viele gibt in Deutschland, ist er noch immer beliebt.

Es wäre nicht fair, Wagner vorzuwerfen, dass Hitler für seine Musik etwas empfand, das dieser liebesferne Psychopath wohl für Liebe hielt. Aber es passt schon – Wagner ist führerkompatibel, viele seiner hochdramatischen Musiken lieferten die Tonspur für die Inszenierung eitler, hochfahrender Selbstbesoffenheit und minderwertigkeitskomplexgesättigten GröFaZ-Gebrülls. Die deutsche Romantik – man muss das immer mal wieder sagen – hat nichts mit privaten, zarten und romantisch genannten Gefühlen zu tun. Die deutsche Romantik ist ihrem Wesen nach rückwärtsgerichtet und unweigerlich aggressiv.

Besonders eindrucksvoll ist das zu sehen in den Gesichtern der Bayreuther Wagner-Festspiel-Besucher. Es ist ein prächtiger Arschgeigenreigen, der sich jährlich in Bayreuth aufmandelt und aufmaschelt: Autohausbesitzer, die in Kultur machen, Damen wie Mutti Roth, Muschi Stoiber oder die Gewaltaprikose Angela Merkel, und obendrauf reicht man die dazu passenden Künstlerhalunken. Die Wirkung von Wagners Musik ist schon unangenehm genug, aber das Volk, das da hinlatscht und sich abfeiert, geht gar nicht.

Doch niemand erbarmt sich, niemand hat ein Bömbchen für Bayreuth übrig. Deshalb möchte ich die israelische Armee, von deren Effizienz man sich derzeit überzeugen kann, um folgenden Gefallen bitten: „Sehr geehrte Damen und Herren, ich erlaube mir, Ihre Aufmerksamkeit auf einen Sachverhalt zu lenken, der Sie unmittelbar angeht. Das Bombardement der Stadt Beirut scheint mir ein tragisches Versehen und Missverständnis zu sein. Ziel Ihrer Angriffe sollte vielmehr die namensähnliche deutsche Kleinstadt Bayreuth sein. Ich bitte Sie: Verschonen Sie eine internationale Kulturstadt. Machen Sie stattdessen sinnvoller ein deutsches Kaff platt, einen Kuhdunghaufen, aus dem turnusmäßig Größenwahnfried quillt. Die Feinde Israels befinden sich nicht nur in Ihrer geografischen Nähe. Der Antisemitismus blüht auch in Deutschland, und er ist immer virulent, wo Wagner bramarbasiert wird. Machen Sie aus der Schäferhundebesitzerkulturhochburg Bayreuth das, was diese ihrem Wesen nach ohnehin ist: ein geistloses Erdloch. Verschonen Sie aber bitte unbedingt das Jean-Paul-Museum, denn der Schriftsteller Jean Paul war und ist ein Lichtblick der Zartheit im bayreuthdeutschen Dröhnen. Herzlichen Dank im Voraus.“

Wenn selbst das nicht hilft, fällt mir auch nichts mehr ein zur Rettung der Welt und zum Segen der Menschheit.