Angst vor Hedgefonds

WINDKRAFT Der Norden ganz oben: Schleswig-Holstein hat 2013 mehr neue Windmühlen gebaut als jedes andere Bundesland. Doch der politische Gegenwind aus Berlin und München sorgt Branche und Politik

„Wir verlieren die Akzeptanz der Energiewende“

HERMANN ALBERS, BUNDESVERBAND WINDENERGIE

Kein anderes Bundesland hat im vergangenen Jahr so viele neue Windkraftkapazitäten geschaffen wie Schleswig-Holstein. 162 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 428 Megawatt kamen hinzu, teilte der Bundesverband Windenergie mit. Knapp dahinter folgten beim Zubau Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen, das insgesamt weiterhin mit großem Abstand die größte Windkraftkapazität in Deutschland hat. Da in Schleswig-Holstein alte Anlagen mit 80 Megawatt abgebaut wurden, blieb für 2013 ein Nettozuwachs von 348 Megawatt. Mehr als eine Milliarde Euro wurden in die Windenergie im Land investiert.

Scharf kritisierte der Bundesverband die von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geplante Deckelung der Förderung für den Windkraftausbau und die spätestens ab 2017 vorgesehenen Ausschreibungen für den Bau neuer Windparks. Der Landesvorsitzende Hermann Albers sieht darin das Ende von Bürgerwindparks in Schleswig-Holstein. „Damit holt Minister Gabriel amerikanische Investmentfonds oder spanische Energieversorger in unsere Dörfer.“ Einheimische blieben dann außen vor, Wertschöpfung gehe verloren. Bei Bruttorenditen auf das Eigenkapital von acht bis elf Prozent haben sich Investitionen in Windräder in den vergangenen Jahren gut gerechnet.

Albers befürchtet nun dieses Szenario: Große Energieversorger könnten Ausschreibungen gewinnen, dann aber keine Windparks bauen, um eigene konventionelle Kraftwerke weiter zu betreiben. Dies sei in Großbritannien passiert. Energieminister Robert Habeck (Grüne) teilte die Sorgen von Albers: „Wir verlieren die Akzeptanz der Energiewende, wenn die Menschen rausgedrängt werden und die Hedgefonds reinkommen.“ Gabriel setze mit der Ausschreibung alle deutschen Erfolge aufs Spiel, sagte Albers. Die Ministerpräsidenten der Länder müssten das verhindern.

Habeck warnte vor dem Hintergrund der Debatten um eine Drosselung des Windkraftausbaus und des Widerstandes aus Bayern gegen neue Stromtrassen davor, die Energiewende insgesamt infrage zu stellen. Dies wäre inakzeptabel. „Ich bin ja selber Politiker, ich weiß, wie man seine Meinung ab und zu mal ändern kann, aber so groß kann hier der Gedächtnisschwund nicht sein, dass man nicht mehr weiß, was man im Juli letzten Jahres noch beschlossen hat.“

Albers kritisierte, dass die Windanlagen im Norden eine durchschnittliche Nabenhöhe von 85 Metern haben, während es im Durchschnitt der anderen Länder 124 Meter seien. 40 Meter weniger bedeuteten 40 Prozent weniger Leistung; damit degradiere der Norden die Qualität seines Windstandortes.  (dpa)