Von Bremen nach Köpenick

Und das wäre der Plot: Gert Postels Weg nach oben, in ausgewählten Stationen

Gert Postels Krull-Karriere begann in seiner Heimatstadt Bremen, wo er mit kleinen Falschmeldungen den Weser-Kurier zu narren pflegte. Nach derartigen Fingerübungen landete der gelernte Postschaffner 1982 seinen ersten großen Coup 1982 in Flensburg, wo er als Amtsarzt „Dr. Dr. Clemens Bartholdy“ tätig wurde.

Mitte der 80er arbeitete Postel eng mit Reiner Pfeiffer zusammen, dem er mit falschen Empfehlungen zum Einstieg in die Pressestelle von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Uwe Barschel verhalf. Auch die Aids-Verdacht-Attacke auf Barschels SPD-Konkurrenten Björn Engholm soll von Postel in der Rolle des Arztes Dr. Wagner lanciert worden sein. Dass der heute 48-Jährige auch ohne Titel- und Amtsanmaßung seine Ziele zu erreichen pflegt, zeigt eine 20-minütige Privataudienz 1991 bei Papst Johannes Paul II., die er durch Kontakte zu Hans Hermann Groer erhielt – jenem Wiener Erzbischof, der später wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs abgesetzt wurde.

1995 trat Postel eine Stelle als Oberarzt im sächsischen Zschadraß an, nachdem er vorübergehend erwogen hatte, als Gerichtspräsident in den Osten zu gehen. Postel wurde zuständig für den Maßregelvollzug und die Mitarbeiterweiterbildung, verfasste regelmäßig Gerichts-Gutachten und baute eine Tagesklinik auf. Patienten seien durch diese Tätigkeit nicht zu Schaden gekommen, versicherte das sächsische Gesundheitsministerium – obwohl Postel während seiner 20-monatigen Dienstzeit unter anderem über den Wochenendausgang suizidgefährdeter PatientInnen entschied.

Festnahmen konnte Postel wiederholt verzögern, indem er sich beispielsweise als „Staatsanwalt Dr. Stecher“ Einblick in die Methoden der polizeilichen Zielfahndung verschaffte. Nach zwei Jahren Haft kam Postel 2001 wegen guter Führung vorzeitig frei. Heute lebt er nach eigenen Angaben „privatisierend“ in Marburg und fungiert unter anderem als Schirmherr der anti-psychiatrischen „Irren-Offensive“. HB