Feuerwehr sucht Nachwuchs

BRANDSCHUTZ Niedersachsens Innenminister will junge Migranten für die freiwilligen Feuerwehren werben, um deren Ausbluten zu verhindern

Lücken im niedersächsischen Brandschutz prophezeien Innenminister Uwe Schünemann (CDU) und Brandschutz-Experten. Noch hätten die freiwilligen Feuerwehren des Landes mit 127.000 Ehrenamtlichen zwar genug Personal. Bald aber werde der demographische Wandel greifen: Bis 2050, so rechnet ein am Montag vorgelegter Bericht vor, könnten allein die Jugendfeuerwehren um ein Drittel auf 10.500 Menschen schrumpfen.

Gleichzeitig wachsen die Anforderungen: Nicht nur, dass Wohnungsbrände und Unfälle mit älteren Menschen zunehmen werden, deren Betreuung Feingefühl erfordert. Auch wird das Durchschnittsalter der Feuerwehrleute steigen – und deren körperliche Fitness sinken.

Junge Leute müssen also her, und da denkt der Innenminister vor allem an Menschen mit Migrationshintergrund. Sie werden bei den Feuerwehren zwar nicht systematisch erfasst, machen aber geschätzte drei Prozent aus. „Hier müssen wir gezielt werben“, sagt Landesbranddirektor Jörg Schallhorn. Migranten in die freiwillige Feuerwehr zu integrieren, sei allerdings nicht immer leicht. „Es gibt Vorurteile auf beiden Seiten“, sagte Schallhorn. Während deutsche Kollegen die fremde Kultur teils skeptisch beäugten, zögerten manche Migranten, eine Uniform anzulegen. „Je nach Herkunftsland verbinden sie das mit Staatsgewalt und repressionen“, sagt er. „Aber diese Dinge sind lösbar.“

„Beide – Mehrheitsgesellschaft und Migranten – müssen sich öffnen“, findet auch Habib Eslami, Geschäftsführer der AG MigrantInnen und Flüchtlinge Niedersachsen. „Migration ist keine Einbahnstraße.“ Man werde zwar Aufklärungsarbeit leisten müssen, aber letztlich könnten Migranten von dieser sozialen Tätigkeit profitieren. Als „Notlösung“ angesichts fehlenden einheimischen Nachwuchses empfindet er Schünemanns Vorschlag nicht. Er freut sich eher, dass die Regierung auf die Migranten zugeht.

Ob Schünemanns Konzept, das auch finanzielle Anreize erwägt, aufgeht, weiß derzeit niemand. Branddirektor Schallhorn übt sich in Optimismus und will an den „worst case“ gar nicht denken. Hans Graulich, Präsident des niedersächsischen Landesfeuerwehrverbands, spricht ihn aus: „Wenn wir die Freiwilligen Feuerwehren mittelfristig nicht halten können, müssen die Gemeinden Berufsfeuerwehren einrichten,“ sagt er. „Und das kostet richtig Geld.“ PETRA SCHELLEN