Kampflächlerin ohne klare Aussage

Sehr, sehr traurig“ sei sie über die drohende Verschärfung im Libanon-Feldzug Israels nach den „letzten Aussagen von amerikanischer Seite“, verkündete Benita Ferrero-Waldner in der Tiroler Tageszeitung. Obwohl die Krise im Nahen Osten sie zwingt, ständig Stellung zu nehmen, versteht es die EU-Außenkommissarin, politisch klare Aussagen zu vermeiden. Wie der finnische Außenminister Angemessenheit der israelischen Strafaktionen gegen Hamas und Hisbollah zu fordern, käme ihr nicht in den Sinn. Bereits legendär ist, wie sie als Außenministerin in Wien die österreichische Position gegenüber George W. Bushs Krieg gegen den Irak darzulegen versuchte: Man sei weder für den Krieg noch dagegen, sondern stehe in der Mitte.

Als Protokollchefin der Vereinten Nationen in New York 1994 wurde die promovierte Juristin im Formulieren nichtssagender Statements geschult. Das gefiel Wolfgang Schüssel, damals noch österreichischer Vizekanzler und Außenminister, so gut, dass er sie als Staatssekretärin für Entwicklungszusammenarbeit nach Wien holte. Auf diesem Posten setzte sie sich vergebens für die Steigerung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit ein. Unter der Wenderegierung ÖVP-FPÖ wurde Ferrero-Waldner zur Außenministerin aufgewertet, konnte aber nicht verhindern, dass ihre alte Funktion aufgelöst wurde.

Anfangs war sie, eigentlich überzeugte Europäerin, diejenige, die sich am meisten der von den EU 14 verordneten Eiszeit gegenüber der Wiener Regierung wegen der FPÖ aussetzen musste. Tapfer ertrug sie die gezielten Unhöflichkeiten und setzte ihr berüchtigtes Kampflächeln letzten Endes erfolgreich ein. Nach diesen Erfahrungen aus dem Jahr 2000 muss es für die 1948 geborene Salzburgerin eine besondere Genugtuung gewesen sein, nach dem jüngsten Erweiterungsschritt als Kommissarin nach Brüssel geschickt zu werden. Diese Ernennung war das Trostpflaster für die verlorene Präsidentschaftswahl 2004. Eine Schlappe, die sie in einem Interview den „linken Emanzen“ zuschrieb, die, statt für die konservative Geschlechtsgenossin zu stimmen, dem Sozialdemokraten Heinz Fischer den Vorzug gegeben hätten.

Hinter ihrem verbindlichen Lächeln, das sich automatisch einstellt, wenn eine Kamera in der Nähe ist, verbirgt sich mitunter beinharter Durchsetzungswille. So sorgt die Politikerin dafür, dass ihr zweiter Mann, der spanische Literaturprofessor Francisco Ferrero Campos, stets an ihrer Seite sein kann. Sowohl in Wien als auch in Brüssel mussten die Direktoren des spanischen Kulturinstituts Instituto Cervantes für ihn ihre Sessel räumen.

RALF LEONHARD