Kongos große Chance
: KOMMENTAR VON DOMINIC JOHNSON

Es ist eine Wahl der Superlative, und es müsste ein Wahlkampf der Titanen sein. Kein Afrikaner hat nach der Unabhängigkeit seines Landes so lange auf die Gelegenheit warten müssen, seine Führer demokratisch zu wählen, wie die Bürger der Demokratischen Republik Kongo.

Es ist die teuerste Wahl in Afrika und die größte UN-überwachte Wahl in der Geschichte der Vereinten Nationen. Wenn sie glückt, können die Kongolesen den langen Weg zum Aufbau eines funktionierenden Staatswesens antreten und damit ganz Afrika einen Entwicklungsschub bescheren. Wenn sie scheitert, treibt nicht nur der Kongo, sondern der halbe Kontinent in erneute, grenzüberschreitende Instabilität.

Auch im Kongo selbst sind die Erwartungen immens. Die Leute wollen hinaustreten aus ihrer alten Welt, geprägt von Zerstörung und Entbehrungen. Sie wollen so leben wie andere Menschen auch. Der Wahlzettel ist für sie ein Symbol der Mündigkeit, des Eintritts in ein modernes Zeitalter nach Jahrzehnten von Staatszerfall und Krieg.

Es ist dennoch unvermeidlich, dass nicht die Zukunftshoffnungen darüber entscheiden, welche politischen Kräfte sich an die erste Stelle drängen, sondern die Realitäten der Gegenwart. Darin regiert die Macht des Stärkeren und des Reicheren. Die sich abzeichnende Polarisierung zwischen den beiden reichsten einstigen Warlords, Präsident Joseph Kabila und Ex-Rebellenführer Jean-Pierre Bemba, offenbart, wie tief die Gräben sind, die die Kriege des vergangenen Jahrzehnts in der politischen Landschaft des Landes hinterlassen haben. Beide sind, trotz ihrer Jugend, Vertreter einer Vergangenheit, von der sich die Kongolesen möglichst schnell verabschieden wollen.

So muss die Erneuerung des Kongo wohl noch warten. Zunächst ist darauf zu hoffen, dass diese Wahl zur Konsolidierung des Friedens im Kongo beiträgt und damit zur Zivilisierung seiner politischen Führer und nicht neue Kriege provoziert. Die jüngsten Todesopfer in Kinshasa nähren diese Hoffnung nicht. Aber wenn sie eine Ausnahme bleiben, schlagen die Kongolesen am Sonntag vielleicht ein neues, besseres Kapitel seiner leidvollen Geschichte ein.