Spikes im Sumpf

Olympiasieger und Weltrekordler Justin Gatlin aus den USA gibt zu, mit Testosteron erwischt worden zu sein

LOS ANGELES dpa ■ Justin Gatlin hat mit seinem Doping-Geständnis die Leichtathletik in eine neue Glaubwürdigkeitskrise gestürzt. Der 100-Meter-Olympiasieger, Weltmeister und Weltrekordmitinhaber muss als Wiederholungstäter nun mit einer lebenslangen Sperre und der Aberkennung seiner Bestzeit (9,77 Sekunden) rechnen.

„Ich bin von der Anti-Doping-Agentur der USA (Usada) informiert worden, dass ich positiv auf Testosteron oder ein Testosteron-Derivat getestet worden bin“, erklärte der 24 Jahre alte US-Amerikaner in einer schriftlichen Stellungnahme. Der Sprinter wurde nach einem Staffelrennen am 22. April in Kansas City positiv getestet. Laut New York Times liegen A- und B-Probe vor.

Dass ausgerechnet der selbst ernannte Saubermann Gatlin vom Coverboy zum Angeklagten mutierte, macht den Imageschaden für die krisengeschüttelte Leichtathletik noch größer. „Wenn die Usada das Vergehen von Justin Gatlin bestätigt, ist nach den Regeln der IAAF die Sanktion eine lebenslängliche Suspendierung“, gab der Weltverband am Sonntag bekannt. Dann wäre der Doppel-Weltmeister von Helsinki nach Ben Johnson (Kanada), Linford Christie (Großbritannien), Tim Montgomery und Kelli White (beide USA) der fünfte prominente Sprinter, der im Dopingsumpf versinkt.

Nur zwei Tage nach der Bekanntgabe des positiven Tests von Tour-de-France-Sieger Floyd Landis hat „der nächste Doping-Hammer“ (Fernsehsender ESPN) zugeschlagen. „Wir sind sehr besorgt, dass Justin positiv getestet wurde, denn er war einer der prominentesten Fürsprecher für saubere Siege in der Leichtathletik“, sagte Craig Masback, der Präsident des US-Verbandes USATF.

Peter Ueberroth, der Vorsitzende des Nationalen Olympischen Komitees der USA, sagte in einer Mitteilung: „Seit die Usada vor sechs Jahren ihre Arbeit aufnahm, haben wir große Fortschritte gemacht, aber noch viel Arbeit vor uns. Wir wollen den Kampf gewinnen, aber die traurige Wahrheit ist: Wir haben den Kampf noch nicht gewonnen. So kann es nicht weitergehen.“

Bereits bei den US-Junioren-Meisterschaften 2001 war Gatlin positiv auf Amphetamine getestet und für zwei Jahre gesperrt worden. Die damalige Suspendierung war von der IAAF nachträglich auf ein Jahr reduziert worden, weil Gatlin glaubhaft gemacht hatte, die jahrelange Einnahme von Medikamenten zur Behandlung seines Aufmerksamkeitsdefizits als Kind sei für das Testergebnis verantwortlich.

„Sportfunktionäre allein können das Dopingproblem nicht in den Griff bekommen“, bilanzierte derweil Dick Pound, Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada. Nur eine aggressive Partnerschaft zwischen Sportverbänden, Regierungen und der Polizei würde die Situation bereinigen. Gatlin hat sich spätestens nach seinem Aufstieg zum schnellsten Mann der Welt immer gern als Advokat für dopingfreie Erfolge gesehen und verkauft. „Ich bekomme jede Menge E-Mails von Kindern, die sich verbessern wollen. Ich sehe es als meine Verantwortung an, ihnen ein Vorbild zu sein, dass sie keine leistungsfördernden Mittel wie zum Beispiel Testosteron nehmen müssen“, hatte er noch Anfang Juni beim Meeting in New York getönt.