Land unter bei der Seebühne

THEATER I Wenn die „Seebühne“ mit Turandot wirklich 300.000 Euro Verlust eingefahren hat, soll das Theater auf Frey-Projekte verzichten, sagt Kulturstaatsrätin Emigholz

Ex-Intendant Frey würde gern in Bremen weiter Events organisieren – aber nur auf Risiko der Staatskasse

Von KLAUS WOLSCHNER

„Natürlich hänge ich an dem Projekt Seebühne“, sagt Hans-Joachim Frey, der frühere Intendant des Bremer Theaters. Wenn es denn wirklich bei der Puccini-Oper „Turandot“, die auf der Seebühne bei der Waterfront gespielt wurde, ein Defizit gegeben haben sollte – für die Aufsichtsratssitzung Anfang September werden gerade die Zahlen zusammengestellt – dann müsse man diese Summe ins Verhältnis setzen mit dem Überschuss, der in den Vorjahren mit dem „Fliegenden Holländer“ und „Aida“, erwirtschaft wurde. Das waren nach dem Wirtschaftsbericht des Theaters 71.000 Euro im Jahre 2008 und 78.000 Euro bei „Aida“ 2009. Mit dem geplanten populären „Carmen“-Stoff ließe sich ein Erfolg wiederholen, so Frey gestern gegenüber der taz.

So locker wie 2009 will die Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) das Wetter-Risiko aber nicht mehr wegreden. „Wir haben Sonne verdient“, meinte sie damals. Nun will sie dem Aufsichtsrat des Theaters vorschlagen, auf „Carmen“ zu verzichten, wenn sich das Defizit wie erwartet bei 250-300.000 Euro beläuft.

Bei einer seriösen kaufmännischen Rechnung kämen zudem weit höhere Zahlen heraus: Personalkosten für festangestellte Mitarbeiter des Theaters, die für das Seebühnen-Projekt arbeiten, werden bei der Wirtschaftlichkeit der Seebühne nicht berechnet. De facto muss man also bei den Bilanz-Summen einige zehntausend Euro Gehälter dazurechnen.

Bei „Turandot“ war anfangs mit einem Überschuss von rund 250.000 Euro geplant worden. Auch da waren Kostenpositionen zu niedrig angesetzt worden, der Intendant hatte zudem schlicht übersehen, dass für die „Turandot“-Geschichte Tantiemen in Höhe von 50.000 Euro anfallen.

Wie das Theater das zusätzliche Defizit ausgleichen soll, dazu gibt es bisher keine Ideen. Das Erbe der Ära Frey – 4,5 Millionen Defizit – soll in vier Jahren nach einem „Konsolidierungskonzept“ abgestottert werden, so die Planung aus dem Herbst 2009. Schon jetzt ist absehbar, dass die erste Spielzeit auch ohne „Turandot“ nicht die eingeplante erste – noch kleine – Spar-Tranche von 600.000 Euro erbracht hat.

Aus dem kritischen Theater-Blog www.bremertheater.net gibt es den Vorschlag, Frey sollte doch mit seiner Event-Firma La Ponte das Seebühnenprojekt veranstalten – auf eigenes Risiko. Davon hält Frey selbst aber wenig. Die Firma La Ponte sei bisher nicht gegründet – das seien „alles Ideen“, sagt er dazu.

Bei einem fremden Veranstalter würde das Theater seine bisher kostenlose Zuarbeit sicherlich auch in Rechnung stellen müssen. Für den Vorschlag der Kulturstaatsrätin, Frey sollte die Seebühnen-Opern über Sponsoren absichern, wäre diese Frage auch zu klären. Schon für das Projekt „Marie-Antoinette“ hatte Frey von Sponsoren geredet, die einen Verlust absichern würden – die zahlten aber am Ende nicht.

Über die Frage, wie viel Geld Frey aus seinem Abfindungs-Vertrag noch ziehen kann, herrscht großes Stillschweigen – er besteht auf Vertraulichkeit der Abmachung. Für „Sondertätigkeiten“ hatte er auch zu seinen Intendanten-Zeiten eine zusätzliche Gage bekommen – er habe zwei Verträge, sagte Frey dazu.