Hilfe, ein Gauleo!

Die Veranstalter der Reiter-WM in Aachen scheitern grandios mit einer Goleo-Kopie. Eine Beschimpfung

Sie sind überall. Hohle Augen, aufgeblähte Nüstern, Pferdegebiss. Seit Jahrzehnten in Bronze vor dem Hauptbahnhof, seit Jahren in Holz und Pappmaché auf jedem zweiten Bürgersteig, seit Neuestem in jedem Buchladen, Kramladen, Geschenkartikelladen. Pferde. In jeder Größe und Farbe. Aachen ist voll davon.

Pferde haben der Weltcup-Stadt Aachen seit Menschengedenken Ruhm und Reichtum gebracht. Doch jetzt, kurz vor den Beginn der Welt-Hoppe-Hoppe-Reiter-Spielen am 20. August, steigert sich der alljährliche Wahnsinn im hippophilen Grenzland ins Unermessliche. Ganz Aachen wiehert sich ins Delirium – und tritt dabei die Ästhetik mit Hufeisen.

Ein besonders perfider Angriff auf die Sehnerven ist ein Pferd mit dem schönen Namen „Karli“. Das grenzdebil winkende Maskottchen der WM sieht aus, als habe man den Fußball-Löwen Goleo mit dem letzten Einhorn gepaart. Aachens Gauleo besitzt zwar kein Horn, aber dafür wenigstens eine Hose. Den treuseelig-freundlichen Blick des felligen Vorbilds hat Karli allerdings leider nicht geerbt. Statt dessen quält Karli den Betrachter mit regenbogenfarbener Mähne und Schweif. Das soll Weltoffenheit signalisieren, erinnert aber fatal an 80er-Jahre-Pferdepuppen, die auch kleine Mädchen mit Pferdeschwanz nicht geschenkt haben wollten, weil sie zu mädchenhaft aussahen.

Benannt ist das Maskottchen selbstverständlich nach der zweiten Obsession der provinziellsten Welthauptstadt aller Zeiten: dem in Aachen unvermeidlichen Kaiser Karl. Über dessen Beziehung zu Pferden ist folgende Geschichte überliefert: Eines Tages fiel der große Herrscher bei einem Ausritt vom hohen Ross und landete im Schlamm. Weil ihm sonst aber nichts Schlimmes passierte, soll er in der Matschgrube den Bau einer Kapelle angeordnet haben. Von der hanebüchenen Legende zehrt heute noch eine ganze Kleinstadt ein paar Kilometer nördlich von Aachen .

Nach Angaben der Veranstalter hat sich Karli bei der Maskottchen-Wahl gegen starke Konkurrenz durchsetzen müssen. Auch Frösche, Hunde, Schildkröten und Fantasiewesen seien unter den eingesandten Entwürfen gewesen, heißt es. Die aber hatten bei den vom Hafer gestochenen Aachenern natürlich keine Chance. KAN