Hisbollah-Führer verwirrt Polizei

Auf den Demos gegen den Krieg in Nahost werden immer wieder Bilder des Hisbollah-Führers Nasrallah gezeigt. Verboten ist das nicht. Innensenator Körting prüft trotzdem rechtliche Schritte

von FELIX LEE

Polizisten auf Demonstrationen haben es in diesen Tagen schwer. „Tod Israel“ dürfen die Protestierenden skandieren, „Tod den Israelis“ nicht. Wer US-Präsident George Bush öffentlich als Terroristen verunglimpft, wird nicht belangt. Wer ihn jedoch als „Mörder“ beschimpft, kann festgenommen werden. Porträts von Hitler, Ussama Bin Laden und dem ehemaligen kurdischen PKK-Führer Öcalan sind strikt verboten. Wer das Bild des Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah vor sich trägt und auch noch „Wir sind stolz auf dich“ dazuschreibt, darf das hingegen. „Für die Beamten ist es derzeit schwer, auseinanderzuhalten, was die Demonstranten sagen dürfen und was nicht“, sagte ein Sprecher der Polizei. „Das überfordert.“

Zweimal haben palästinensische und libanesische Gruppen an diesem Wochenende in Berlin gegen das israelische Vorgehen im Libanon demonstriert. Verlief der erste Aufzug mit rund 3.500 TeilnehmerInnen am Samstag noch verhältnismäßig glimpflich, drohte die Stimmung der spontanen Mahnwache mit etwa 400 DemonstrantInnen am späten Sonntagnachmittag an der Gedächtniskirche zu kippen (s. Text unten). „Stoppt Israels Staatsterror!“ skandierten die wütenden Menschen, viele von ihnen priesen den Chef der radikalislamistischen Hisbollah. Auch sonst sei es nach Angaben eines Polizeisprechers zu zahlreichen antiisraelischen und antiamerikanischen Unmutsäußerungen gekommen.

Nun prüft Innensenator Ehrhart Körting (SPD) rechtliche Schritte zumindest gegen die Demonstranten, die öffentlich Bildes des Hisbollah-Führers gezeigt haben. „Es wird geprüft, ob eine Werbung für die Aktivitäten des bewaffneten Arms der Hisbollah gleichzeitig eine Werbung für Terrorismus darstellt“, sagte Körting. Denn Handlungen, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, sind verfassungswidrig, so der Innensenator.

Derzeit gibt es für die Polizei jedoch keine rechtliche Handhabe, gegen Demonstranten vorzugehen, die den bewaffneten Kampf der Hisbollah verherrlichen. Anders als in den USA oder Kanada, wo die Hisbollah aufgrund ihrer zahlreichen Anschläge als Terrororganisation eingestuft wurde, ist sie in Deutschland nicht verboten. In Berlin kommt laut Verfassungsschutzbericht erschwerend hinzu, dass die schätzungsweise rund 160 Anhänger der schiitisch-islamistischen Organisation nicht offen unter der Bezeichnung „Hisbollah“ agieren. Bekannt sind sie vor allem für die Vorbereitung des alljährlichen Aufmarschs zum so genannten Al-Quds-Tag, meist Ende Oktober. Ansonsten zählen zu ihren Aktivitäten vor allem interne Propagandaveranstaltungen und das Sammeln von Spendengeldern. Da es sich um eine Organisation handelt, die über ein Bundesland hinausreicht, sei eine Verbotsverfügung ohnehin die Entscheidung des Bundes, sagte Körting. Er selbst hält ein Verbot jedoch für durchaus „erwägenswert“.

Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Abgeordnetenhaus, findet es „jetzt nicht hilfreich“, das Zeigen von Nasrallah-Porträts zu verbieten. „Wir sollten lieber die politische Auseinandersetzung um den derzeitigen Krieg im Nahen Osten suchen, als auf neue Verbote zu setzen“, sagte Ratzmann. Ähnlich sieht es Marion Seelig, die innenpolitische Sprecherin der Linkspartei: Jeder hat ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Dazu gehörten auch Bilder von politisch Unliebsamen.