Der Abtaucher

Als er im Juni 1984 beim Handballklub THW Kiel seine Bundesligakarriere beendete, stand im Hallenheft Schwarz auf Weiß geschrieben: „Klaus Elwardt war einer jener Spielertypen, die tatsächlich ein Spiel entscheiden konnten, der, wenn überhaupt nichts mehr lief, erst den Ball und dann sein Handballerherz in beide Hände nahm und ‚das Ding‘ dann noch schaukelte.“ 366 Tore hatte der Tischlermeister aus Bordesholm seit 1975 für die Kieler erzielt.

Zum Gewinn der Meisterschaft reichte es indes nicht: Damals trabten die „Zebras“ in der Bundesliga in der zweiten Reihe. Alles, was er sich als Spieler erträumt und nicht erfüllt hatte, holte Elwardt dann in der Zeit von September 2009 bis zum heutigen Tag nach, als Aufsichtsratsmitglied und seit 20. Juni 2011 als Geschäftsführer des THW: Titelgewinne zuhauf. Und natürlich genoss Elwardt es, in solchen Momenten vom Kieler Rathausbalkon hinabzuschauen.

In den vergangenen Tagen nun gab er ein klägliches Bild ab. Da war nichts mehr davon zu sehen, dass er sein Herz in beide Hände nahm und das Ding schaukelte. In einer Krisensituation tauchte der 58-Jährige ab.

Der NDR hatte erfahren, dass der THW Kiel im Geschäftsjahr 2012/13 einen Verlust von 443.000 Euro erwirtschaftet hatte. Damit hat der Klub in den vergangenen drei Jahren einen Verlust von mehr als einer Million Euro geschrieben. Die wirtschaftliche Lage war auch ein Grund dafür, dass sich der Klub vor der Saison von seinen Top-Verdienern Thierry Omeyer, Daniel Narcisse, Marcus Ahlm und Momir Ilic trennte.

Zu alldem kein Wort von Elwardt. Im August 2012 war er weniger zurückhaltend gewesen, als die angespannte finanzielle Lage beim Nordrivalen HSV Hamburg das Thema im nationalen Handball war. „Bei allen Vereinen mit Einzelsponsoren gibt es irgendwann Schwierigkeiten. Bei uns nicht“, sagte Elwardt damals. „Wir sind da breiter aufgestellt.“

Die damalige Spitze von damals enthielt auch Wahres: Die insgesamt 46 Gesellschafter des THW werden den aktuellen Verlust wohl auffangen. In einer Presseerklärung heißt es, der Klub „verfügt derzeit über Guthaben von über 1,8 Millionen Euro und wird auch im laufenden Jahr zu keinem Zeitpunkt Kredite für den Sportbetrieb benötigen“.

Gleichwohl: Der THW Kiel lebt über die eigenen Verhältnisse. Ein Umdenken bei der Zusammenstellung des Spielerkaders, eine Entwicklung weg vom Verpflichten teurer Top-Stars hin zum Einbau von Talenten, ist zwingend notwendig – auch wenn in der Not 46 Helfer einspringen könnten und nicht, wie in Hamburg, nur einer.  GÖR