Trost der Statistik

WUNDENLECKEN Nach dem 1:5 gegen Dortmund bemüht sich die Werder-Führung, keine Trainerdiskussion aufkommen zu lassen

„Ich finde, ich gehöre hierhin“

ROBIN DUTT, WERDER-TRAINER

Werders sportliche Leitung wusste, was die Stunde geschlagen hat. „Es wird viel auf uns einprasseln“, sagte Sportvorstand Thomas Eichin und spannte einen Schutzschirm gegen die aufkeimende Trainerdiskussion auf: „Wir dürfen den Einfluss von außen nicht zu sehr beachten.“ Und Trainer Robin Dutt ging schon mal in die Vorwärtsverteidigung: „Ich finde, ich gehöre hierhin“, sagte er ins Mikrofon.

Zwischen diesem Selbstbewusstsein und dessen argumentativer Grundlage klafft naturgemäß eine Lücke, wenn eine 1:5-Niederlage und der weitere Absturz in die Abstiegszone zu Buche stehen. Um diese zu schließen, griff Dutt zu den frisch ermittelten Statistiken, die 54 Prozent gewonnene Zweikämpfe für sein Team und ein Torschussdefizit von nur 11 zu 15 gegen Dortmund aufwiesen.

Diese Zahlen sprachen zwar für deutlich mehr Gegenwehr als bei der 1:3-Niederlage in Augsburg, entsprachen aber nur zu gut der vom ihm für dieses Spiel ausgegeben Parole: Mentalität vor Qualität. Bei den 15 Torschüssen der Dortmunder wurde es fast jedes Mal brenzlig, während Werder neben dem Ehrentreffer des Debütanten Levent Aycicek lediglich eine weitere Großchance durch Nils Petersen, einen Fernschuss von Martin Kobylanski und zwei halbwegs gefährliche Kopfbälle verzeichnete.

Und bei den Zweikämpfen gewannen die Dortmunder zwar nicht die Mehrzahl, aber die entscheidenden. Bis auf den Eckball-Abstauber von Manuel Friedrich unmittelbar nach der Pause resultierten alle Dortmunder Treffer durch die Doppeltorschützen Robert Lewandowski und Henrykh Mkhitaryan aus Balleroberungen beim Gegenpressing.

Die Bremer konnten dagegen aus ihren gewonnenen Zweikämpfen im Mittelfeld wenig Kapital schlagen: „Diese Qualität fehlt uns im Moment“, sagte Dutt. Der erste Auftritt des polnischen Neuzugangs Ludovic Obraniaks sowie die mutigen Aktionen der eingewechselten Nachwuchsspieler Kobylanski und Aycicek nährten allerdings die Hoffnung, zumindest gegen schwächere Teams als den BVB demnächst wieder mehr Torchancen kreieren zu können.

Die Mannschaft besitzt genug Substanz, um sich gegen die Konkurrenten im Abstiegskampf wie Nürnberg, Freiburg oder den HSV durchsetzen zu können. Mehr ist im Augenblick nicht drin. Wer daraus eine Trainerdiskussion ableiten will, sollte zum HSV gucken, wo unrealistische Erwartungen und vorschnelle Trainerwechsel eine Abwärtsspirale ins Bodenlose in Gang gesetzt haben.  RALF LORENZEN