Arbeitslosigkeit macht CDU optimistisch

Trotz steigender Arbeitslosenquoten in Nordrhein-Westfalen glaubt die Landesregierung an eine Trendwende

DÜSSELDORF taz ■ Gegen den Bundestrend ist die Zahl der Arbeitslosen in NRW im Juli leicht gestiegen. Im größten Bundesland suchten 1,03 Millionen Menschen einen Job, teilte die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit gestern mit. Das waren 0,3 Prozent oder 3.430 mehr als im Juni. Die Arbeitslosenquote stieg von 11,4 auf 11,5 Prozent.

Damit bleibt NRW Schlusslicht unter den westdeutschen Flächenländern. Nur in Bremen ist die Quote mit 15 Prozent noch höher. In Baden-Württemberg dagegen sind 6,1 Prozent aller zivilen Erwerbspersonen als arbeitssuchend registriert. Die höchste Arbeitslosenquote verzeichnet Mecklenburg-Vorpommern mit 18,2 Prozent. Bundesweit wurden mit 4,386 Millionen 12.000 Arbeitslose weniger registriert als im Vormonat. Die Quote lag stabil bei 10,5 Prozent.

SPD-Bundesarbeitsminister Franz Müntefering sprach dennoch von einem „Trend“, der sich verfestige. Müntefering klang damit wie CDU-Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann: Im Vergleich zum Vorjahr sei „eine mittelgroße Stadt in NRW weniger arbeitslos“, so Laumann. Schließlich seien 2005 noch 53.000 Menschen mehr arbeitssuchend gemeldet gewesen. Auch NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) betonte, die „günstige konjunkturelle Entwicklung“ führe zu einer verstärkten „Arbeitskräftenachfrage“.

Gewerkschaften und Landtagsopposition kritisierten dagegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Die Zahl der Jugendlichen auf Jobsuche stieg sprunghaft um 10.030 oder gut neun Prozent auf 120.700. Die Arbeitsvermittlung begründete dies mit dem „Ende schulischer und betrieblicher Ausbildungen“ im Sommer.

Katastrophal bleibt die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. „Bei 140.000 Ausbildungssuchenden und 85.000 Stellen ist absehbar, dass tausende von Jugendlichen wieder keine Chance bekommen“, kritisierte der DGB-Landesvorsitzende Guntram Schneider. Die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Barbara Steffens, erneuerte gegenüber der taz ihre Forderung nach einer Ausbildungsplatzumlage. Ausbildungsunwillige Unternehmen müssten künftig zahlen. Nötig sei auch ein öffentlich finanzierter zweiter Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose. In NRW ist fast jeder Zweite länger als ein Jahr arbeitslos.

Auch SPD-Fraktionsvize Rainer Schmelzer kritisierte den Optimismus der Landesregierung. Erschreckend sei die Strukturschwäche des Ruhrgebiets. Allein zwischen Duisburg und Hamm waren 341.790 Menschen arbeitslos, die Quote stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,2 auf 14,9 Prozent. „Die Landesregierung“, klagt Schmelzer, „vernachlässigt das Revier völlig.“

ANDREAS WYPUTTA

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