Australien liebäugelt mit großem Endlager

URAN Geplantes Lager für strahlende medizinische Abfälle könnte Atommüll aus aller Welt aufnehmen

SYDNEY taz | Es ist australisches Outback wie aus dem Bilderbuch. Rote Erde, bizarr geformter Fels. Und so soll das Gebiet von Muckaty Station etwa 120 Kilometer im Northern Territory auch bleiben. Das fordern viele der dort seit Jahrtausenden lebenden Ureinwohner. Aber genau dort soll es nun ein Endlager für radioaktive Abfälle geben.

Die Idee stammt noch von der konservativen Regierung, angeführt von Premierminister John Howard. Nach dem Regierungswechsel 2007 hofften die Aborigines, das Projekt seit tot.

Doch unter dem Druck der Bergbauindustrie belebte die neue Regierung die Idee wieder. Dabei sind viele Fragen nicht beantwortet: Ist dieses fast täglich von Erdbeben erschütterte Gebiet überhaupt geeignet? Wie sollen die Abfälle gesichert werden, wie transportiert? Solche entscheidenden Faktoren sind in einem Untersuchungspapier der Geheimhaltung unterlegen.

Sogar die Ureinwohner, die bereits eine Einverständniserklärung unterzeichnet haben, wissen nicht mehr. Sie sind der Meinung, ein nukleares Endlager sei gut für ihre Gemeinde: Arbeitsplätze, Ausbildungsmöglichkeiten, Lizenzabgaben. Auf der anderen Seite will eine Gruppe von Anwälten die Regierung verklagen, weil sie nicht alle beteiligten Landbesitzer konsultiert habe. Für mehrere Aboriginal-Gruppen ist das Gebiet von großer religiöser Bedeutung.

Canberra ist unter Zugzwang. Australien hat zwar nur ein Atomkraftwerk, und das produziert Material für medizinische Zwecke. Aber in den Spitälern häufen sich strahlende Abfälle, die bisher zur Entsorgung nach Europa verschifft werden.

Umweltschützer und Grüne vermuten, dass hinter dem Muckaty-Projekt ein viel größerer Plan steckt. Australien ist der zweitgrößte Uranförderer der Welt und ein bedeutender Exporteur des Brennstoffs. Die Exportländer fordern nun, dass Canberra verbrauchte Brennstäbe zurücknimmt und entsorgt. Einige konservative Politiker sehen ein Riesengeschäft.

Treibende Kraft ist der südaustralische Senator Nick Minchin. Sein Traum ist, das isolierte australische Inland zur nuklearen Müllkippe für die Welt zu machen. Es ist anzunehmen, dass der konservative Oppositionsführer Tony Abbott ein solches Szenario begrüßen würde, falls er die Wahlen am 21. August gewinnt. Liberale Politiker propagieren auch den Bau von Atomkraftwerken in Australien.

URS WÄLTERLIN