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: Die zweite Stimme Frankreichs

Pariser Außenminister stehen oft im Schatten. Denn ihr Dossier ist eigentlich Chefsache. Bei internationalen Großereignissen hat Staatspräsident Jacques Chirac viel Gebrauch von diesem Privileg gemacht. Bloß wenn es im Nahen Osten knallt, holt er sich Verstärkung bei seinen Fachministern. Das war 1996 so, als der Außenminister nach einem israelischen Bombardement im Libanon so lange in der Region blieb, bis es eine Waffenruhe gab. Und das wiederholte sich 2003, als sich ein Außenminister in New York einen Platz in den Geschichtsbüchern erredete, während er das Pariser Veto gegen den Irakkrieg verteidigte. Auch jetzt ist das Szenario präsent: Philippe Douste-Blazy war binnen 14 Tagen dreimal in Beirut. Hat die LibanesInnen des Pariser Beistands versichert; hat dort in der Nacht zu Dienstag einen der Buhmänner der internationalen Politik, seinen iranischen Amtskollegen, getroffen; und macht offensiv Werbung für Frankreichs Vorschlag zu einer Beendigung des Konflikts. Paris verlangt eine sofortige Waffenruhe und erst dann den Einsatz einer internationalen Truppe. Einen Nato-Einsatz in der Region lehnt es ab. Und es besteht für die Friedensverhandlungen auf der Beteiligung sämtlicher Beteiligter, auch des Irans. Das ist etwas ganz anderes als das Modell von Washington und London.

Der 53-jährige Arzt, der anfangs als Kulturminister und später als Gesundheitsminister in konservativen Regierungen diente, ist erst nach dem Non der FranzösInnen zur EU-Verfassung 2005 an die Spitze des Außenamts gekommen. Dort fiel der zierliche Mann lange kaum oder allenfalls durch seine schmelzige Stimme und wenig originelle Bemerkungen auf. Erst in diesem Frühsommer, als Douste-Blazy in der UNO die Chirac’sche Sonderabgabe für Flugreisen zugunsten der medizinischen Versorgung in Entwicklungsländern verteidigte, machte er sich international einen Namen.

Seit Kriegsbeginn ist Douste-Blazy die zweite Stimme Frankreichs geworden – direkt nach Chirac, der dank seiner Appelle zur sofortigen Waffenruhe auch wieder aus der Versenkung hervorkam. Douste-Blazy hat zusammen mit der Verteidigungsministerin die schnelle und präzise Evakuierung von AusländerInnen aus Beirut organisiert. Er spricht von einer „globalen und dauerhaften“ Regelung des Konflikts, auch von der „Entwaffnung der Hisbollah“ – was für Paris neu ist. Und sorgt zugleich dafür, dass Washington nicht ganz allein die Vermittlungsbemühungen auf dem Schlachtfeld übernimmt. Sein Treffen mit Irans Außenminister Manutschehr Mottaki und – vor allem – die Eloge auf den Iran als „Stabilitätsfaktor“ stoßen in Paris nicht nur auf Gegenliebe. DOROTHEA HAHN