„Die Behörde ist kritikresistent“

Seit Jahren kämpft Lothar Kuschnik gegen die Abschiebepraxis im Sauerland. Nun ist er ausnahmsweise zufrieden

taz: Herr Kuschnik, waren Sie überrascht von der Entscheidung für das Bleiberecht der kurdischen Familie?

Lothar Kuschnik: Überrascht war ich nicht. Das Handeln entspricht unseren Forderungen. Es ging hier um Traumatisierung und psychische Probleme der Frau. Die Behörde vertraut allerdings immer nur auf das Urteil der eigenen Gutachter.

Welchen Einfluss hatte Ihr Kirchenkreis darauf?

Im Grunde haben wir gar keinen Einfluss. Das Handeln dort ist total gesetzeskonform. Die Leiterin der Behörde ist kritikresistent. Allerdings haben wir bereits erreicht, dass ein Mitarbeiter vom Gesundheitsamt die Entscheidungen über traumatisierte Menschen überprüft. Auch hat man uns zugesagt, Menschen nicht mehr in der Nacht abzuschieben. Kontrollieren können wir das allerdings nicht.

Welche Erfahrungen haben Sie mit der Behördenpraxis im Kreis gemacht?

Wir hatten nie ein Problem mit dem Kreis, sondern mit Einzelentscheidungen. Die Ausländerbehörde entscheidet hartherzig und nutzt ihre Möglichkeiten nicht, geflüchteten Menschen ein Bleiberecht zu ermöglichen. Im Mai wurde sogar eine Familie aus Marsberg abgeschoben, während gerade unser Arbeitskreis für Flüchtlinge tagte.

Was kann Ihr Kirchenkreis ausrichten, um die Lage zu verbessern?

In Zukunft wollen wir auch die katholische Kirche in unsere Flüchtlingsarbeit einbinden. Wir vertrauen auf ein verändertes Bewusstsein in der Bevölkerung. Schließlich brauchen wir Menschen, die aus dem Ausland einwandern, weil unsere Gesellschaft immer älter wird. Alle, die nachdenken, müssen doch für ein Bleiberecht sein.

Gibt es in Zukunft bessere Aussichten für Flüchtlinge mit schlechtem Gesundheitszustand, ein Bleiberecht zu erhalten?

Wie ich die Stimmung im Land einschätze, besteht Hoffnung auf bessere Regelungen. Wir fordern, dass die Innenminister der Länder eine vernünftige Bleiberechtsregelung beschließen. Auch die Amtsleiter im Kreis können schließlich an den Gesetzen nichts ändern.

Was muss sich konkret ändern?

Wir brauchen mehr Fingerspitzengefühl und Menschlichkeit bei den Entscheidungsträgern. Ich erwarte von der Behörde, dass sie zukünftig mit uns zusammenarbeitet. Sie soll etwa der kurdischen Frau glauben, dass sie psychisch krank ist. Dann muss ihr Mann nicht erst für sie vom Balkon springen.

INTERVIEW: MORITZ SCHRÖDER