Der alternative Piratenfilm umsonst und draußen

Maritime Filme beim Bremerhavener „Kino im Hafen“

Jeder Bremerhavener weiß, dass einst Elvis dort von Bord stieg, aber dass auch Cary Grant ein paar Tage lang in dieser Stadt gearbeitet hat, ist fast völlig unbekannt. 1948 drehte der legendäre Howard Hawks mit ihm einige Szenen für die Verkleidungskomödie „Ich war eine männliche Kriegsbraut“. Im Film sieht man von der Stadt nur ein paar Kaimauern und Holzbaracken, aber immerhin wurde ein winziges Stückchen vom klassischen Hollywood im Hafen von Bremerhaven inszeniert. Dessen Kinogeschichte ist auch ansonsten extrem minimalistisch, als Höhepunkt gilt der Film „Schiff ohne Hafen“, den der damalige Aktionsstar Harry Piel 1932 in der Stadt produzierte. Cineasten haben es schwer an der Waterkant: Eine Zeit lang gab es überhaupt kein Kino in der Stadt, jetzt können sich die BremerhavenerInnen immerhin „Fluch der Karibik II“ im Apollo ansehen. In ein oder zwei Jahre wird er aber wahrscheinlich im Fischereihafen auch umsonst und draußen zu sehen sein, denn dort findet seit 1996 jeweils am ersten Augustwochenende „Kino im Hafen“ statt.

Das städtische Kulturamt zeigt sich hierbei spendabel und einfallsreich. So wird die Veranstaltung aus Lottomitteln und von Sponsoren finanziert, und für die Kinoleinwand kam ein findiger Kopf auf eine zugleich praktische und stilistisch brillante Lösung: Da im Hafen massenweise Container herumstehen, kann man aus diesen doch eine riesige Wand bauen, auf der die Filme dann projiziert werden. So werden nun jedes Jahr 20 Container aufeinander gestapelt und auf deren etwa 180 Quadratmeter Stahl kann man eine riesige Leinwand spannen. Der Projektor ist ebenfalls in einem Container aufgebaut, und wirft das Bild gut 70 Meter weit auf die Leinwand. Im letzten Jahr, als hier der ersten Teil von „Fluch der Karibik“ und der schon erwähnte „Das Schiff ohne Hafen“ von Harry Piel gezeigt wurden, kamen mehr als 10.000 Zuschauer zu den beiden Abenden im Schaufenster Fischereihafen. Für den Verband der Filmverleiher gehört „Kino im Hafen“ deshalb zu den zehn meistbesuchten Freiluftkinos Deutschlands.

In diesem Jahr fehlen die großen Publikumsmagneten. Statt dessen hat man sich auf die Anfänge der Reihe besonnen, denn in den ersten Jahren wurden solche maritimen Perlen wie „Freddy, die Gitarre und das Meer“, „Der Rote Korsar“ und „Das Totenschiff“ gezeigt. Inzwischen sind die meisten halbwegs bekannten Piraten und Seefahrerfilme dort schon gezeigt worden (nur John Hustons „Moby Dick“ fehlt noch), und so wird am Freitag Abend mit „Die Seeteufel von Cartagena“ ein eher unbekannter „swashbuckler“ (die amerikanische Genrebezeichnung für Piratenfilme) gezeigt. Eher gegen den Typ wurde dafür der Filmmigrant Paul Henreid 1945, gerade zwei Jahre nach seinem Durchbruch mit der Rolle des Victor Laszlo in „Casablanca“, als schwertschwingender Piratenkapitän eingesetzt, an seiner Seite sieht man die wohl schönste Piratenbraut der Filmgeschichte Maureen O‘Hara („Sindbad der Seefahrer“, „Gegen alle Flaggen“) in einer ihrer früheren Rollen. Der Regiehaudegen Frank Borzage inszenierte den Film so vergnüglich, dass selbst der damals noch sehr strenge katholische Filmdienst ihn als „Opulentes Kostümabenteuer mit routiniert aufgenommenen Massenszenen, trickreicher Darstellung von Schlachtszenen und einer Portion Humor“ loben musste.

Am Samstag wird dann der leider ein wenig dröge französische Spielfilm „Die Frau des Leuchtturmwärters“ gezeigt, in dem Sandrine Bonnaire sich auf einer kleinen bretonischen Insel zwischen zwei Männern wiederfindet. Am schönsten ist dabei die maritime Landschaft, aber ansonsten passiert nicht viel. Die Filme beginnen um 22 Uhr, wenn es richtig dunkel ist, doch ab 21 Uhr gibt es ein Vorprogramm mit Kabarettisten und Kleinkünstlern. Wilfried Hippen