ANTJE PASSENHEIM ZUM STREIT UM DEN BEGINN DES US-ABZUGS AUS AFGHANISTAN
: Getriebener der Generäle

An seinen Unfug von einem baldigen Abzug aus Afghanistan im Juli 2011 glaubt der Präsident doch selbst nicht! So in etwa lässt sich die Botschaft von David Patraeus zusammenfassen, die Barack Obamas oberster Afghanistan-General zum Auftakt einer breit gestreuten Medienkampagne in einem Interview verkündete.

Überraschend kommt sie nicht. Obama weiß, das sein willkürlich gesetzter Abzugstermin von vornherein nichts als Makulatur war. Er bildete vor rund einem Jahr nur den vorläufigen Schlusspunkt in einer Medienschlacht zwischen dem Weißen Haus und dem Pentagon – einem Team, in dem es längst kein Teamplay mehr gibt. Zuvor hatte Petraeus’ Vorgänger Stanley McChrystal das Weiße Haus gezielt unter Druck gesetzt, zehntausende weitere Truppen an den Hindukusch zu schicken. „Soldaten oder Niederlage“ hieß der Slogan, der Obama keinen Spielraum ließ, wollte er nicht quasi als „Verräter“ dastehen.

Aus Rache und um die kriegsmüde Öffentlichkeit zu besänftigen, zogen Obama und sein Vize Joe Biden damals einen Abzugstermin aus der Tasche. Schnell mit vielen Truppen rein, schnell mit vielen Truppen wieder raus – so lautet das Motto, mit dem der Friedensnobelpreisträger aber allenfalls seine Wähler bei Laune hält.

Petraeus und andere Militärs haben den Abzugstermin immer schon infrage gestellt. Viele Republikaner sehen in dem parteilosen General ihren Wunschkandidaten für die Präsidentschaftswahl 2012. Obama hatte ihn geschickt aus der Politik ausgeschaltet, indem er ihn zum Oberkommandierenden in Afghanistan machte. Doch der Troubleshooter schießt nun vom Hindukusch gegen Obama. Und der kann sich nicht wehren.

Der Afghanistankrieg zeigt nicht nur die Ohnmacht der US-Amerikaner auf. Er offenbart auch die Ohnmacht ihres Präsidenten Obama.

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